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Neues Theater in Halle wird 35  Intendant Matthias Brenner zum 35. Geburtstag des Neuen Theaters in Halle

Von Kai Agthe 06.04.2016, 19:26
Bau auf, bau auf: Die Schauspieler Petra Ehlert (Mitte) und Falk Rockstroh (rechts) helfen beim Ausbau der Kulturinsel.
Bau auf, bau auf: Die Schauspieler Petra Ehlert (Mitte) und Falk Rockstroh (rechts) helfen beim Ausbau der Kulturinsel. MZ-Archiv

Halle (Saale) - Auch am Anfang seiner Intendanz am Neuen Theater in Halle stand ein Jubiläum: 2011 organisierte Matthias Brenner eine Feier zum 30-jährigen Bestehen des Hauses. In diesen Tagen begeht die Kulturinsel ihr 35. Jubiläum mit einer Gala und einer Ausstellung - und Brenner nebenbei sein fünfjähriges. „Aber 35 ist eigentlich kein Ereignis, und wenn, dann nur als Hochzeitsjubiläum“, sagt der gebürtige Meininger. Die Zuschauer und Freunde hätten aber so oft gefragt, was das NT zum Geburtstag plane, dass man sich entschlossen habe, eine große Jubiläumsgala zu veranstalten.

Die findet am Freitag statt. Sie beginnt um 18 Uhr mit der Eröffnung einer Ausstellung, in der 35 Theaterplakate aus 35 Jahren gezeigt werden. Anschließend präsentieren Schauspieler des NT, des Thalia und Studenten des Schauspielstudios Szenen aus bereits abgespielten Stücken der letzten fünf Jahre sowie dem aktuellen Spielplan, ehe die Kapelle Böllberg musikalisch unterhält.

Vor genau 30 Jahren kam Brenner, damals Schauspieler in Erfurt, zum ersten Mal nach Halle, um sich das NT anzusehen: 1986 wurde mit einer Party die zweite Kantine der von Peter Sodann aus dem Nichts geschaffenen Bühne eröffnet. „Sodann zeigte mir sein Haus und ich wurde neidisch“, erinnert sich der 59-Jährige. „Er hatte sich mit diesem Theater einen Maßanzug geschneidert.“

Sodann und sein damaliges Ensemble hätten es verstanden, Kunst zu machen und für die Kunst zu bauen. Letzteres im direkten Wortsinn. „Es gab damals keinen Mangel an Ideen, nur an Baustoffen“, so Brenner. Sodann sei in Zeiten der Mangelwirtschaft dem Grundsatz gefolgt, dass, wenn die Menschen Bedürfnisse haben (hier: Theater zu erleben), auch die Mittel finden, diese zu befriedigen. Gemessen an dem für Halles Ruf als Kulturstadt Geleisteten, könne man Sodann nicht genug danken. Er, Brenner, wolle das bei der Jubiläumsgala tun, an der auch sein Vorvorgänger teilnehmen werde.

Brenner gesteht, am Beginn seiner Intendanz mit dem Begriff „Kulturinsel“ gefremdelt zu haben. Das klang ihm anfangs zu sehr nach Verwaltung. Doch inzwischen ist ihm diese Bezeichnung für NT und Puppentheater sowie das aus mehreren Gebäuden bestehende Architektur-Ensemble wichtig: Als Zeichen des Zusammenhalts der Künste einerseits, andererseits als Hinweis auf ein, eingedenk der widrigen kulturpolitischen Entwicklungen in den letzten Jahren, gefährdetes kulturelles Biotop.

Apropos: Gefährdung kultureller Einrichtungen. Matthias Brenner gehörte neben André Bücker, dem ehemaligen Generalintendanten des Anhaltischen Theaters Dessau, und Ulrich Fischer, dem Intendanten des Theaters Eisleben, zu jenen Stimmen, die 2013/14 im Verbund mit Theaterfreunden (in Halle unter anderem mit einer Menschenkette um das NT) gegen die von der Landesregierung Sachsen-Anhalts verordneten Kürzungen bei den Theatern protestierten.

Welche Erwartungen hat Brenner an die neue Landesregierung? „Mit der bisherigen Landesregierung gab es keinen Dialog“, stellt Brenner fest. „Wir, die Theatermacher im Land, müssen daher die Dialogfähigkeit der neuen Regierung erst prüfen.“ Egal, was komme, die nächste Regierung aus CDU, SPD und Grünen sei eine „Koalition der Verwalter und Verlierer“, sagt der NT-Chef und ergänzt: „Aber das muss kein Verlust sein.“ Es sei jedoch bezeichnend, dass im zurückliegenden Wahlkampf von allen Parteien nur Die Linke in ihrem Wahlprogramm detaillierte Konzepte zu den Themen Kultur und Bildung vorgelegt habe.

Mit seinen Intendanten-Kollegen im Land habe Brenner sich über das weitere Vorgehen noch nicht ins Benehmen gesetzt. Er empfiehlt aber zunächst: „Wir sollten cool bleiben.“ Es werde aber auch künftig darum gehen, gegenüber dem Kultusminister, wer immer das Amt ausfüllen mag, zu bekräftigen, dass die Vielfalt an Kultur und Bildung in Sachsen-Anhalt erhalten werden müsse. Und dafür werde man kämpfen, so Brenner. Publikumsnah und öffentlichkeitswirksam etwa bei der traditionellen NT-Veranstaltung zum 1. Mai. Ende Mai wird auch das Programm der neuen Spielzeit vorgestellt, an dem der Theaterchef und seine Mitstreiter derzeit noch arbeiten. Wird Matthias Brenner in der nächsten Saison auf der Bühne zu erleben sein? Er sehe seinen Platz doch eher auf dem Regiestuhl, sagt er, denn er wolle seinen Schauspielern nicht die Rollen wegnehmen. Er könne sich aber durchaus vorstellen, etwas Ähnliches wie „Der Trinker“ oder „Der Alleinunterhalter“ in Szene zu setzen.

Brenner weiterhin im Tatort und bei Vox zu sehen

Und wie ist es um seine Arbeit fürs Fernsehen bestellt? In diesem Jahr werde er sowohl als Gerichtsmediziner im Bremer „Tatort“ als auch in der zweiten Staffel der Vox-Serie „Der Club der roten Bänder“ zu erleben sein. Und in der Serie „Charité“ spielt Brenner mit Ernst von Bergmann jenen Chirurgen, der die Asepsis in die Wundbehandlung einführte. 2017 ist der Sechsteiler in der ARD zu sehen.

Bis dahin werden noch viele Premieren im Neuen Theater über die Bühne gehen, das auch für die Mitarbeiter etwas Besonderes zu bieten hat: „Das NT hat die schönste Kantine der Welt“, sagt Brenner, der in seiner Zeit als Schauspieler und Regisseur schon viele deutsche Theater und deren Kantinen kennenlernen durfte. Nicht im Keller befindet sich das Kaffee-Eiland der Kulturinsel, sondern im obersten Stockwerk des Theaters mit Blick auf den Universitätsplatz.

Das und auch die Stadt Halle, in der ihm nie langweilig werde, genieße er seit fünf Jahren jeden Tag. Und das dürfte, wenn es nach Brenner ginge, auch die nächsten 35 Jahre so bleiben. (mz)

Restkarten für die NT-Jubiläumsgala am Freitag unter: 0345 / 51 10 777

Seit fünf Jahren Intendant des Theaters: Matthias Brenner
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Silvio Kison
Dezember 2013: Menschenkette um das Neue Theater
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Lutz Winkler