In der Nordpfalz steht ein Museum für Zeit
Rockenhausen/dpa. - Einfach mal die Zeit anhalten: Das ist bislang auch Knut Deutschle nicht gelungen. Die Sekunden und Minuten scheinen sogar schneller zu verrinnen, wenn er durch das Museum im nordpfälzischen Rockenhausen führt und seine Geschichten erzählt.
Das Anliegen des Museums für Zeit ist auch ein anderes, als deren Fluss zu stoppen. «Die Leute sollen verstehen, wie wertvoll die Zeit ist», sagt Deutschle. Viel zu wertvoll, um sie stundenlang vor dem Fernseher totzuschlagen, wie er findet. Um das künftig noch besser zeigen zu können, wird das Museum zur Zeit kräftig erweitert. Wenn in der Nacht zum Sonntag die Uhren umgestellt werden, ist aber in Rockenhausen kein Großeinsatz notwendig.
Zwar stehen in den Hallen und Zimmern des umgebauten Hofes rund 50 Turmuhren mit unzähligen Zahnrädern sowie eine ganze Reihe weiterer Zeitmesser. Sie stehen allerdings in doppelter Hinsicht - die meisten Uhren ticken nur, wenn sie zur Demonstration in Gang gesetzt werden. Deutschle, der sich schon seit 30 Jahren mit dem Thema Zeit auseinandersetzt und mit seiner Turmuhrensammlung den Grundstock zu dem Museum gelegt hat, kann der viele Menschen nervenden Zeitumstellung etwas abgewinnen. «Es bleibt einem mehr vom Tag», sagt er.
Vor allem Turmuhren haben Deutschle und sein etwa 15-köpfiges Team in den vergangenen Jahrzehnten in ganz Europa gesammelt und nach Rockenhausen geschafft. Oft bekommen sie einfach eine Kiste mit Metallteilen in die Hand gedrückt und lassen daraus in mühsamer Kleinarbeit wieder ein komplexes Uhrwerk entstehen, dessen Mechanik den Betrachter schon beim bloßen Anschauen überfordert.
Die Uhren sind zum Teil in einem erbärmlichen Zustand, wenn sie den Museumsleuten in die Hände fallen. «Ein Uhrwerk musste regelrecht aus dem Taubenkot gemeißelt werden», erzählt Deutschle. Das Ziel: «Wir wollen, dass Turmuhren in Deutschland als Denkmal installiert werden, wie das in anderen Ländern bereits der Fall ist.»
Die Ausstellungsstücke erzählen die Geschichte der Turmuhr von Ende des 15. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Sie illustrieren, dass die Anforderungen an die Präzision immer höher wurden - nicht zuletzt wegen des Siegeszuges der Eisenbahn und den Fahrplänen. Das Museum soll ein «philosophisches Dach» zum Thema Zeit schaffen, das Zeitempfinden der Besucher schärfen und damit letztlich zu einem sinnvolleren Umgang mit der Zeit anregen. Auch Sonnen-, Wasser-, Sand- und andere Uhren werden hier gezeigt und erklärt. Ganzer Stolz ist eine astronomische Uhr außen am Gebäude, an der sich neben vielen anderen Dingen auch der Stand der Planeten ablesen lässt.
Zur Zeit laufen die letzten Vorbereitungen für die Eröffnung eines weiteren Museumstraktes. Ist es soweit, wird sich die Ausstellungsfläche des Museums auf rund 600 Quadratmeter verdoppeln. In dem sanierten Gebäudeteil werden Modelle von Zeitmessgeräten aus der Antike zu sehen sein, noch mehr Uhren, aber auch Stationen, die zum Ausprobieren und Verstehen einladen sollen - etwa, warum die Sonne je nach Jahreszeit an verschiedenen Stellen am Horizont verschwindet. Im Mai soll alles fertig sein, hofft Deutschle - wenn denn die Zeit reicht.