Ikone mit Zopf Ikone mit Zopf: Karl Lagerfeld ist tot - Hallesche Ausstellung soll Nachruf werden
Halle (Saale) - Der Mann mit der dunklen Brille, dem hohen Kragen und dem weißen Zopf galt seit Jahrzehnten als Ikone in der Modewelt. An seinem Mythos hat er hart gearbeitet und stets auch Wert darauf gelegt, sich immer noch ein bisschen geheimnisvoller zu stilisieren.
Zum Beispiel, was sein Geburtsdatum betrifft: Lange hielt er die Jahre 1938 und 1935 im Gespräch. Tatsächlich ist er aber, wie Recherchen von Journalisten unter Berufung auf Taufregister ergaben, wohl bereits 1933 zur Welt gekommen - am 10. September in Hamburg. Am Dienstag ist Karl Lagerfeld in Paris, seiner Wahlheimat, gestorben. Er wurde 85 Jahre alt.
Karl Lagerfeld - bewundert und kritisiert
So wird die angekündigte Werkschau, die das hallesche Kunstmuseum Moritzburg ihm im kommenden Jahr widmen will, zum Nachruf auf einen der schillerndsten Artisten des internationalen Modezirkus werden - wenn sie denn zustande kommt.
Thomas Bauer-Friedrich, Direktor des Kunstmuseums, erklärte der Mitteldeutschen Zeitung, er habe die Todesnachricht mit tiefer Bestürzung aufgenommen: „Mit Karl Lagerfeld verliert die Welt einen der größten Mode-Schöpfer des 20. Jahrhunderts und einen ungemein kreativen Künstler.“
Die für März kommenden Jahres geplante Ausstellung mit Lagerfelds Fotografien sei mit ihm schon seit mehr als einem halben Jahr besprochen worden. Lagerfeld habe das Projekt positiv begleitet und das Konzept des Kuratorenteams bestätigt.
Nach der Nachricht von Lagerfelds Tod habe er sich mit den beiden Kuratoren noch nicht abstimmen können, so Bauer-Friedrich: „Im Moment gehe ich jedoch davon aus, dass ich im Andenken an Karl Lagerfeld gemeinsam mit allen Beteiligten weiter an der Verwirklichung der Ausstellung arbeiten werde.“ Gezeigt werden soll Karl Lagerfelds fotografisches Schaffen aus den Jahren zwischen 1987 und 2019.
Karl Lagerfeld - Kritik an seinem Model-Bild
Grenzenlos bewundert einerseits, zugleich aber immer wieder wegen seiner polarisierenden Sprüche angegriffen - und wegen seiner Vorliebe für superdünne Models auch. Kritiker sehen diese als figürliche Vorbilder für junge Frauen, die sich auf die vermeintlichen Idealmaße hungern. Lagerfeld, der selbst sehr auf Linie hielt und sich wie einem Popstar huldigen ließ, focht diese Kritik wenig an.
Überhaupt war er um Urteile nie verlegen, die auch, wenn sie Empörung oder doch Unverständnis bei vielen auslösten, seine Popularität nur noch steigerten. „Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren“, stellte er einmal fest und gab die Generation Freizeit damit auf.
Aus seiner Sicht war das nur konsequent. Für ihn verband sich das Ideal von Schönheit mit Eleganz und Extravaganz, auch wenn er als tüchtiger Geschäftsmann auch jene im Blick behielt, die nicht zu den Wohlhabenden oder gar Superreichen gehören. So sorgte er 2004 für Aufsehen mit der Ankündigung, für die schwedische Kette H&M kostengünstige Modelle zu entwerfen. Andere Platzhirsche der Modebranche wie Versace folgten ihm.
Auch für Politik interessierte sich Lagerfeld, vor einem knappen Jahr löste eine Aussage, mit dem ihn das französische Wochenmagazin Le Point zitierte, einigen Wirbel aus. Er „hasse“ Bundeskanzlerin Angela Merkel für ihre Flüchtlingspolitik, so Lagerfeld, weil sie damit der AfD den Weg in den Bundestag geebnet habe. Nun säßen „100 dieser Neonazis im Parlament“, da Merkel die deutsche Geschichte „vergessen“ habe. Auf der Höhe seines weltweiten Ruhms hat sich der Modezar, nach dem Tod von Yves Saint-Laurent der letzte der Mohikaner in Paris, wenig um Diplomatie geschert.
Karl Lagerfeld - aufgewachsen in begüterten Verhältnissen
Geboren als Sohn der Kondensmilchfabrikanten Otto Lagerfeld (1881–1967, „Glücksklee“) und dessen Frau Elisabeth (1897–1978) wuchs Karl Lagerfeld in begüterten Verhältnissen auf, 1953 übersiedelte er mit einer Mutter nach Paris. Vor dem Abitur verließ er eine Privatschule, versuchte sich als Modezeichner, fiel auf und fing 1954 als Schneiderlehrling bei Pierre Balmain an.
Dort blieb Lagerfeld dreieinhalb Jahre und wechselte Anfang 1958 zu Jean Patou. Weitere Häuser folgten, bis er 1983 als Kreativdirektor bei Chanel einstieg. Die Fachwelt war sich ziemlich einig: Eine wichtige Entscheidung für beide - Chanel wie den Modemacher Lagerfeld.
Die Liste seiner Erfolge ist lang, die der Promis, die sich gern mit ihm zeigten, ebenfalls. Lagerfeld hat Models wie Claudia Schiffer berühmt gemacht, neben Mode auch Parfüm kreiert sowie Opern ausgestattet. Und er ist in späteren Jahren, wie die für Halle geplante Schau beweisen soll, erfolgreich mit Schwarzweiß-Fotografien gewesen, darunter Porträts und Akte.
Er habe sich schon immer für Kleider interessiert, ohne zu wissen, dass man das Mode nenne, sagte Lagerfeld einmal. Als er es wusste, ist er reich und berühmt geworden damit. Das nennt man den richtigen Riecher zu haben. (mz)