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Schlagerstar im Interview Howard Carpendale: Schlagerstar im Interview

11.10.2017, 21:37
Sänger Howard Carpendale ist gemeinsam mit seiner Band wieder live in Mitteldeutschland zu erleben.
Sänger Howard Carpendale ist gemeinsam mit seiner Band wieder live in Mitteldeutschland zu erleben.  dpa

Egal, ob „Hello again“ „Nachts, wenn alles schläft“ oder „Ti amo“. Howard Carpendale (71) hat seinen Fans so einige Titel beschert, die über Jahrzehnte im Ohr geblieben sind.

Und wer dem gebürtigen Südafrikaner heute zuhört, weiß, dass er in 50 Jahren Musikgeschichte keinen Funken seiner Leidenschaft eingebüßt hat. Mitreißend, unterhaltsam, aber auch nachdenklich soll es ebenso bei der anstehenden Tour des Sängers zum neuen Album „Wenn nicht wir“ (CD bei Amazon kaufen) werden.

Der Auftakt am 23. Oktober in Chemnitz ist ausverkauft (Zusatztermin am 4. April 2018). Konzerte gibt es auch in Gera am 24. Oktober sowie in Dresden am 23. Februar und 29. März 2018. Karten erhalten Sie zum Beispiel bei TiM Ticket. Vorab hat MZ-Redakteurin Kornelia Noack mit Howard Carpendale gesprochen.

Herr Carpendale, bei Ihrem Namen fällt den meisten Menschen sofort der Titel „Hello again“ ein. Wie oft werden Sie denn heutzutage noch auf diese Weise begrüßt?
Howard Carpendale: Ja, das höre ich schon hin und wieder. Ist aber nicht schlimm. Oft benutzen Menschen, die im ersten Moment nicht wissen, was sie sagen sollen, den Satz, um das Gespräch zu eröffnen. Das ist völlig okay.

Singen Sie dieses Lied denn heute noch immer gern?
Natürlich. Es gibt ja Künstler, die ihre alten Hits nicht mehr singen. Das finde ich aber nicht in Ordnung, denn das Publikum möchte diese Lieder hören. Wenn ich selbst bei einem Musikerkollegen im Konzert sitze, gibt es auch immer einen Lieblingshit, auf den ich dann warte. Bei mir ist nur das Problem: Wir hatten in den vergangenen Jahren 57 Lieder in den Charts, allein damit könnte ich einen Abend von vier, fünf Stunden füllen. Deshalb müssen wir also immer gut abwägen, welche Titel wir bei einem Konzert spielen. Und letztlich muss ja auch die Dramaturgie stimmen.

Das Lied wird also auch nicht auf Ihrer Tour fehlen. Sie starten in Chemnitz. Gibt es einen bestimmten Grund dafür?
Dass wir in Chemnitz starten, ist für mich perfekt. Ich mag diese Halle sehr. Sie hat die richtige Größe für ein intimes Konzert, ist nicht zu groß und nicht zu klein. Ich wünschte, wir hätten mehr solche Hallen in Deutschland. Und ich glaube, die Chemnitzer freuen sich auch, denn es steht bereits der Termin für ein Zusatzkonzert fest. Das gab es in Chemnitz noch nie.

Gerade ist Ihr neues Album „Wenn nicht wir“ erschienen. Sie sagen, dass Sie mit Ihrer Musik Geschichten erzählen wollen, die Sie für relevant halten. Welche Themen beschäftigen Sie denn gerade?
Das Wort „relevant“ war eigentlich mehr auf mein Leben bezogen, ich bin nicht mehr der Jüngste. Und ich habe das Gefühl, dass die Arbeit, die ich mache, eine gewisse Wichtigkeit hat. Ich glaube sowieso, Unterhaltung ist sehr sehr wichtig. Was die Texte angeht … ab einem gewissen Alter kann man nicht mehr nur einfache, eingängige Liebeslieder singen. Das ist zu wenig. Ich möchte den Menschen mit meinen Texten etwas sagen, auch wenn es nicht mein Ziel ist, politische Lieder zu singen. Es ist heute mehr nötig denn je, den Menschen Mut zu geben und vielleicht auch Wege aufzuzeigen, ein bisschen glücklicher und zuversichtlicher zu sein - trotz allem, was wir im Moment erleben. Die Welt braucht ein Wir, auf das man sich verlassen kann. Die Kunst ist es, das in einen Text zu packen, der nicht wie eine Lehrstunde wirkt, sondern die Menschen einfach sensibilisiert.

Recht ungewöhnlich klingt Ihr neues Lied „Babylon“. Darin besingen Sie TV-Sendungen wie „Big Brother“ und „Bauer sucht Frau“, Hasskommentare in sozialen Netzwerken, Korruption und so weiter und fragen schließlich: Was haben wir nur falsch gemacht? Haben Sie eine Antwort gefunden?
(lacht) Nein. Ich habe keine Antwort gefunden und ich glaube, niemand kennt die Antwort. Ich sage ja auch nicht, dass die Welt in den 1950er, 60er oder 70er Jahren in Ordnung war, da gab es auch Probleme. Doch damals haben die Nachrichten nicht so viele Menschen erreicht wie heute. Ich halte Geld für ein sehr sehr großes Problem. Verfolgt man viele Probleme in der heutigen Welt zu ihren Wurzeln zurück, steht am Ende der Kette immer das Geld. Es gibt viel zu viele Menschen, die frustriert sind und dafür gute Gründe haben. Sie sehen für sich keine Zukunft, haben keinen Zugang zur Bildung oder nicht mal eine Krankenversicherung. Andererseits lesen diese Menschen, dass zum Beispiel irgendein Fußballer 250 Millionen Euro kassiert. Die Balance auf dieser Welt stimmt einfach nicht.

Einige Ihrer Künstlerkollegen sagen, dass sie selbst auf der Bühne einfach nur unterhalten wollen und daher keine politischen Statements abgeben.
Meine Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt mir, dass es für das Publikum enttäuschend wäre, wenn ein Konzert nur Party ist. Gerade in der heutigen Zeit. Es gehört dazu, Stellung zu beziehen, schließlich wollen wir verschiedene Emotionen wecken. Es wird gelacht, geweint, es gibt Gänsehaut, aber eben auch Party. Das ist es, was ich unter einem Konzert verstehe. Ein Konzert ist ja keine Sammlung von 25 Titeln, die man einfach runtersingt. Und ich interessiere mich ja selbst für das, was auf der Welt geschieht, und merke, dass ich in Interviews immer wieder danach gefragt werde. Dass ich die Welt nicht ändern kann, ist natürlich klar. Aber gerade Leute mit Visionen - und ich glaube, Künstler haben Visionen - sollten ihre Gedanken äußern. Gregor Gysi hat einmal gesagt: „Frag einen Künstler, wenn du wissen willst, wie die Welt in 100 Jahren aussieht. Frag bloß keinen Politiker. Die haben keine Visionen.“

Apropos soziale Netzwerke. Sie haben Ihren eigenen Facebook-Account, über den Sie Ihre Fans mit Neuigkeiten versorgen. Wann haben Sie denn das letzte Mal dort vorbeigeschaut?
Ich schaue dort sehr oft vorbei. Jetzt war ich gerade mal vier Tage nicht online und freue mich schon nachzulesen, was es Neues gibt und was die Leute denken. Für mich als Künstler ist es schön und für die Fans ebenso. Facebook ist auch eine wunderbare Möglichkeit, Dinge zu korrigieren, die ich zuvor in der Presse gelesen oder im Fernsehen gesehen habe. Ich kann den engsten Kreis meiner Fans erreichen und schreiben: Das ist Nonsens, was ihr da in den Medien gehört habt. Und das kommt leider oft vor, es ist ein Teil meines Berufes.

Angesichts des neuen Albums und der Tournee durch ganz Deutschland wird man überrascht, wenn man auf Ihr Alter schaut. Sie feiern im Januar Ihren 72. Geburtstag. Hadern Sie eigentlich mit Ihrem Alter?
Glauben Sie es mir oder nicht - darüber denke ich keine Sekunde lang nach. Die Zahl bedeutet mir gar nichts. Man wird nur alt, wenn man ständig über die Vergangenheit nachdenkt. Mir ist natürlich vollkommen klar, dass ich nicht mehr der Jüngste bin und irgendwann alles vorbei ist. Aber deswegen versuche ich, jetzt die Zeit zu genießen und sitze nicht zu Hause und sammle Briefmarken. Da gehe ich lieber auf Tour.

Die MZ verlost ein Fanpaket mit zwei Tickets für das Konzert am 24.10. in Gera, der CD „Das ist unsere Zeit - Live aus Berlin“ sowie der dazugehörigen Konzert-DVD. Schreiben Sie bis Freitag, 12 Uhr, eine Mail an [email protected]. Adresse bitte nicht vergessen! Der Gewinner wird unter Ausschluss des Rechtsweges ermittelt und benachrichtigt.

Karten für Howard Carpendale gibt es beispielsweise bei TiM Ticket und an allen bekannten Vorverkaufsstellen.