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Hitler-Parodie ärgert Mercedes Hitler-Parodie ärgert Mercedes: Wirbel um Werbespot mit Klein-Adolf

Von Annika Leister 25.08.2013, 10:27
Ein modernes Auto rollt durch das historische Österreich: Eine Szene aus dem umstrittenen Werbespot, in dem Klein-Adolf von einem Mercedes überfahren wird.
Ein modernes Auto rollt durch das historische Österreich: Eine Szene aus dem umstrittenen Werbespot, in dem Klein-Adolf von einem Mercedes überfahren wird. Screenshot vimeo.com/Tobias Haase Lizenz

Ein glänzender Mercedes rollt durch die Dörfer des längst vergangenen Österreichs. Vor zwei Mädchen in Kittelschürzen stoppt das intelligente Bremssystem den Wagen automatisch. Das nächste Kind, das verträumt mit einem Drachen spielt, mäht die Luxuskarosse hingegen erbarmungslos nieder. Ein kurzer Schock, dann ruft die Mutter verzweifelt „Adolf“, das Ortsschild wird gezeigt: „Braunau am Inn“. Es ist nur Adolf Hitler, der hier in seiner unschuldigsten Version das Leben lassen muss. Danach, eingeblendet im Stil einer jeden Autowerbung, der Slogan: „Erkennt Gefahren, bevor sie entstehen“.

Beitrag von Filmstudenten

Der knapp anderthalb Minuten lange Spot, der für den Nachwuchspreis „First Steps“ nominiert ist, wirft die mittlerweile ermüdende Frage auf: Darf man Witze über den Nationalsozialismus machen? Darf man – vor allem in Deutschland –über Adolf Hitler lachen? Hunderte Male gestellt, ist sie schnell beantwortet: Man darf nicht, man sollte über Adolf Hitler lachen – wenn der Witz gut ist.

Zum ersten Mal entbrannte die Diskussion schon 1940, als Charlie Chaplin im „Großen Diktator“ Nonsens schrie, bis das Publikum Tränen vergoss. In letzter Zeit kommt die Öffentlichkeit den zahlreichen Hitler-Parodien mit der Empörung kaum noch hinterher: Ob Helge Schneider in Dani Levys „Mein Führer“ Schäferhund Blondie in SS-Uniform Gassi führt, Michael Kessler bei Switch Reloaded mit seinem „Obersalzberg“ Führerbunker und Bürowahnsinn á la Stromberg mixt oder die Satire „Er ist wieder da“ Absatzrekorde schreibt. Auch der Blog „Hipster-Hitler“ (http://hipsterhitler.com/) versetzt den Diktator in die Gegenwart und lässt ihn den Krieg ausrufen, wenn kein Club Mate mehr im Haus ist.

Dem Schrecken mit Humor begegnen

Nicht zu vergessen die unzähligen Parodien von Stand-Up-Comedians wie Ralf Schmitz oder Oliver Pocher, die in ihren Bühnenprogrammen mit rollendem Rrrrr und verschämt gehobenem rechten Arm Lacher kassieren. Apropos erhobener Arm: Obwohl Künstler Jonathan Meese den Arm gleich mehrfach zum verbotenen Gruß erhob, sprach das Gericht ihn Mitte August der Anklage frei, Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwendet zu haben. Es sei deutlich, dass Meese „das Ganze eher verspottet“.

Nicht immer sind die Hitler-Parodien gut, nicht immer sind sie gut durchdacht – doch sie entsprechen dem Grundbedürfnis, sich dem unvorstellbaren Schrecken mit Humor zu stellen. Lächerlich gemacht und entblößt verliert selbst ein wie kein zweiter dämonisierter Diktator ein Stück weit seine Macht. Um diese Wirkung der Komödie wussten auch die Nazis und gingen gegen kritische Humoristen mit unerbittlicher Härte vor.

Ein Skandal wäre der kurze Spot, in dem Klein-Adolf überrollt wird, wenn er tatsächlich von Mercedes wäre und das Ziel verfolgen würde, mit Hitler Markenwerbung zu betreiben. Doch der Clip stammt von den Filmstudenten Tobias Haase, Jan Mettler und Lydia Lohse. Sie mussten deutliche Hinweise in das Video einbetten, um klar zu machen, dass „keinerlei Verbindung zu Mercedes Benz oder zur Daimler AG“ besteht. Sicherheitshalber gab Daimler aber am Samstag noch einmal bekannt, dass man es unangemessen finde, den Tod eines Kindes „sowie Inhalte mit einem Bezug zum Nationalsozialismus in einem Werbespot“ zu verwenden - „auch wenn es sich hier nur um einen «fiktiven» Werbespot handelt.“