Neues Album von Subway to Sally "Hey!" von Subway to Sally mit Eric Fish: Rezension

Halle (Saale) - Eben noch war es ganz still gewesen. Eric Fish, von Beruf und Berufung Frontmann von Subway to Sally, pflegte eine weniger bekannte Seite seiner Kunst: Der 48-Jährige, aufgewachsen in Halle-Seeben, stellte Bilder aus, die er zu seinen eigenen Liedern gemacht hat.
„Naive Liedermalerei“ nennt Fish, der den bürgerlichen Nachnamen Hecht trägt, dieses Hobby, das ihn noch weiter wegführt vom Hauptgeschäft mit seiner Band als das halbe Dutzend Soloalben, das der hochproduktive Musiker neben Konzertreisen mit Subway To Sally, Kollaborationen mit Santiano, Mono Inc. und Falkenberg und Ausflügen mit dem Nebenprojekt Bannkreis eingespielt hat.
Leise ist Eric Fish da, ein nachdenklicher Liedermacher, der vor allem Zwischentöne singt. Bei Subway To Sally hingegen, das zeigt das neue, inzwischen 13. Studioalbum der Potsdamer, geht es immer noch vor allem handfest zu.
Zwischen wilden Heavy-Metal-Gitarren und mächtigen Chören, Spinettklängen und an Rammstein erinnernden Rhythmen entwickeln die zwölf Stücke einen dunklen Sog: Eric Fish singt von der „Königin der Käfer“, von Engeln, die über einer untergehenden Welt schweben, und in „Am tiefen See“ flüstert er im Wechselspiel mit QNTAL-Sängerin Syrah.
Subway to Sally veröffentlichen "Hey!": Über 20 Jahre Rock ohne Genre-Grenzen
Was Anfang der 90er als eine der ersten Mittelalterrockbands startete, hat längst ein unverwechselbares Profil gewonnen, ohne sich stilistisch noch festzulegen. Waren die ersten Gehversuche von Fish, Michael Boden, Simon Levko, Ingo Hampf und Silvio Runge, die bis heute dabei sind, noch von Folk und Minnesang geprägt, wuchs mit dem instrumentalen Können auch der Mut, sich musikalisch nach allen Seiten zu öffnen.
Immer noch sind hier Drehleiern und Geigen zu hören, Mandolinen und ein mittelalterlicher Trumscheit. Die DNA von Subway to Sally ist kräftiger, harter Rock geworden, der seine finsteren Zukunftsahnungen in bunte Klänge kleidet.
Zwischen dem „Iron Man“ von Black Sabbath und Gary Glitters „Rock ’n’ Roll“, das in „Imperator Rex Graecorum“ zum Tanz bittet, fächert das siebenköpfige Ensemble mit Simon Michael Schmitt an den Drums und Almut Storch an der Violine eine Liedersammlung auf, die eine Welt porträtiert, auf der nicht mehr viel in Ordnung ist.
Subway To Sally stellen „Hey!“ live am
13. April im Anker Leipzig vor
Michael Boden, der sich Bodenski nennt und in einem früheren Leben Germanistik studiert hat, liefert Texte, die gar nicht erst versuchen, unentschlüsselt verstanden werden zu können. „Er trägt das Schreib-Gen in sich“, hat Eric Fish seinen Gitarristenkollegen deshalb jetzt im Magazin „Schall“ gelobt. Mit Ohohoho-Chören trampelt „Messias“ herein, ein Stück über einen Verführer wie einst „Sympathy for the devil“ von den Stones, grausam ehrlich und mit brutalem Beat. „Ich bin dein Messias“, singt Fish, „vielleicht sogar dein Gott, keine halben Sachen, geh’ mit mir bankrott.“
"Hey!" von Subway to Sally ist düster, humorvoll und nachdenklich
Nein, es ist nicht viel Licht in diesen Songs aus einer Welt, die kein Entkommen kennt, wie gleich der Opener „Island“ deutlich macht. Vikingerhörner, akustische Gitarren, der Rhythmus eines Stammestanzes und dann das von Lord Of The Lost-Sänger Chris Harms schneidend ins Mikrophon geschrieene „Wandere doch nach Island aus!“ Das Traumland als Alptraum. Humor haben sie bei Subway to Sally, immer schon gehabt, und auch hier schmuggeln sie wieder ein Fetzchen vom Gitarrenriff aus Glitters Klassiker „Rock ’n’ Roll“ ein, als könne ein Echo aus der alten Zeit noch irgendetwas retten.
Zu spät. Eric Fish, der im Brandenburgischen geboren wurde und bis zur vierten Klasse in Halle lebte, führt das Publikum mit seiner Märchenerzählerstimme von Schreckenskammer zu Schreckenskammer. Er zitiert Ton Steine Scherben, Kafka und bei „Anna’s Theme“ klagt eine leise Violine, als würde sich der Vorhang vor einem großen Hollywood-Streifen langsam öffnen.
So ähnlich funktioniert dieses Album. Es erzählt Geschichte durch Geschichten, die nicht belehren oder bekehren, sondern Stoff zum Grübeln bieten. Die große Kunst dieser Band ist, dass die inhaltliche Tiefe nicht auf Kosten der Melodien geht, dass jeder einzelne Song immer auch funktioniert, wenn der Hörer kein Wort vom Text versteht. (mz)