Harzer Bergtheater in Thale Harzer Bergtheater in Thale: Auf der grünen Bühne

Thale - Allein die Aussicht ist lohnend und löst immer wieder bewunderndes Staunen aus. „Ist das schön. Was für ein Panorama.“ So und ähnlich reagieren die meisten Besucher, wenn sie zum ersten Male nach kurzem Waldspaziergang vom Hexentanzplatz oder von der Seilbahnstation im „Harzer Bergtheater Thale“ ankommen. Wenige Schritte hinter dem Eingangsbereich mit der Theater-Gaststätte und den drei Türmen für Beleuchtung und Regie bietet sich ihnen ein so kaum erwartetes Panorama.
Über den steil abfallenden 19 Bankreihen mit 1.300 Plätzen zeigt sich Ansichtskartenidylle. Der Blick geht über bewaldete Hügel und schroffe Felsen, die aus dem Bodetal ragen, in die weite Vorharzlandschaft. Unten die Dächer von Thale, Felder und Wiesen bis zum Horizont, Wienrode und Timmenrode sind zu erkennen und bei klarer Sicht Blankenburg. Effektvoller kann die Kulisse einer Naturbühne wohl kaum sein.
Einst eine Mulde im Winterschnee
Genau so hatte es sich auch Ernst Wachler vorgestellt, als er am beginnenden 20. Jahrhundert im Harz nach einem geeigneten Gelände für ein Volkstheater unter freiem Himmel suchte. Dem aus Breslau stammenden Schriftsteller und Theaterkritiker - zu jener Zeit Chefredakteur der „Weimarer Zeitung“ – schwebte ein Platz vor nach dem Beispiel eines griechischen Amphitheaters. Freunde hatten ihm oberhalb von Thale den Platz vor der Walpurgishalle empfohlen. „Im Winterschnee bei heftigem Winde stiegen wir in Begleitung eines Bau-Sachverständigen zum Hexentanzplatz empor“, notierte Wachler über die Unternehmung. Die vorgeschlagene Fläche hielt er jedoch für völlig ungeeignet. „Auf der Suche entfernte ich mich von den übrigen, entdeckte den Vorsprung eines mächtigen Felsens, von wo aus man eine überraschende Aussicht nach der Tiefebene zu hatte, unfern davon einen zweiten Felsen und zwischen ihnen verschwiegen eingebettet eine Mulde. Im Wald hinabsteigend, fand ich mich plötzlich in einem natürlichen Amphitheater. Ich rief: Hier, hier ist der gesuchte Platz.“
Noch bis 6. September stehen Operetten-, Theater- und Kinderaufführungen auf dem Spielplan:
Arsen und Spitzenhäubchen: letztmalig morgen um 19.30 Uhr
Oskar legt ein Ei: am Sonnabend um 11 Uhr
Robin Hood - Das Musical: Samstag & 4. September, 20 Uhr
Michel in der Suppenschüssel: Sonntag und 3. September, 11 Uhr
Sunset Boulevard: am Sonntag und am 5. September, 15 Uhr
Dornröschen: am 2. und 6. September um 11 Uhr
Der Zigeunerbaron: letztmalig am 6. September um 15 Uhr
Kartenbestellungen sind schriftlich, telefonisch oder online möglich. Die Tageskasse öffnet zwei Stunden vor Veranstaltungsbeginn. Rollstuhlfahrer haben freien Eintritt, die Begleitperson zahlt ermäßigt. Online-Bucher können die Tickets auch an der Kasse hinterlegen lassen und zahlen keine Bearbeitungs- und Versandgebühr.
Kontakt: Bodetal-Info Thale, Bahnhofstraße 1, Tel.03947/7768022; Theaterkasse Halberstadt, Spiegelstraße 20a, 38820 Halberstadt, Telefon 03941/696565, Theaterkasse Quedlinburg, Marschlinger Hof 17/18 06484 Quedlinburg, Tel. 03946/962222
Infos zu Spielplänen und Anfahrt: bodetal.de/urlaub-im-harz
An jenen Moment erinnert noch heute der „Ernst-Wachler-Felsen“, an dem die Kabinen der Seilbahn vorbeischweben, direkt gegenüber der sagenumwobenen Roßtrappe. Inzwischen wird auf der ältesten und einer der schönsten Naturbühnen Deutschlands schon seit 112 Jahren Theater gespielt. Am 8. Juli 1903, 19.30 Uhr, nach vier Monaten Bauzeit, war das Theaterrund erstmals gefüllt. Zur Eröffnung seiner „Grünen Bühne“, in deren für 25 Jahre gepachtetes Gelände Ernst Wachler 60.000 Goldmark investierte, wurde das von ihm geschriebene Festspiel „Walpurgis“ aufgeführt.
Wachler leitete die Bühne bis 1911, 1926 übernahm Erich Pabst vom Deutschen Theater Berlin die Leitung. Beider Verdienst ist es, dass die Bühne nach anfänglichen Stücken mit Heldenkult und Deutschtümelei ihre Besucher mit Inszenierungen klassischer dramatischer Kunst der Weltliteratur begeisterte. Daran wurde angeknüpft, als das Harzer Bergtheater nach seiner Zerstörung im 2. Weltkrieg im Juli 1946 wieder eröffnet wurde – mit dem bis dahin in Thale meistgespielten „Sommernachtstraum“ von Shakespeare, aufgeführt vom Ensemble des da neugegründeten Theaters Quedlinburg.
Schauspiel-Stars im kleinen Rund
Nicht auf Brettern, sondern auf dem felsigen Untergrund des Bergtheaters haben seit 1903 viele renommierte Schauspieler agiert und auch zur Berühmtheit der Bühne beigetragen. Zu ihnen gehören Gustaf Gründgens, Gerhard Bienert, O.E. Hasse, Alice Treff, Albert Hetterle, Ruth-Maria Kubi-tschek, Peter Borgelt, Dietrich Körner, Jessy Rameik, Ezard Haußmann sowie Gojko Mitic, der in Thale natürlich als Winnetou, aber auch als Spartacus, Musketier D’Artagnan, Rinaldo Rinaldini und Robin Hood zu erleben war.
Robin Hood ist auch im diesjährigen Spielplan enthalten. Doch nicht mit Gojko Mitic, sondern als Musical, das vom ehrenamtlichen Theaterensemble „Fairytale“ Thale mit populärer Musik und spannenden Kampfszenen aufgeführt wird. „Unser Publikum erwartet leichte, unterhaltsame Kost“, betont Bergtheater-Intendant Ronny Große, „und diesen Wünschen entsprechen wir.“ Wenn die Saison im September endet, werden die Besucher rund 100 Vorstellungen von Operette bis Kindertheater und Musikveranstaltungen erlebt haben. „40.000 Gäste waren unser Ziel“, so Große, „das erreichen wir auch.“ Vielleicht hat dazu auch der erstmals angebotene Tag der offenen Tür beigetragen. Neben Informationen zum Besucherservice und dem Repertoire erhielten die Besucher auch einen Eindruck von den Arbeitsbedingungen der Künstler. Eine Wiederholung 2016 hat der Intendant schon eingeplant.
Wichtigster Partner auf der Bühne des Bergtheaters, das 1992 in die Trägerschaft der Stadt Thale übernommen wurde und jetzt zur Bodetal Tourismus GmbH gehört, ist das Nordharzer Städtebundtheater. Dessen Ensemblemitglieder gestalten die Mehrzahl der Aufführungen. Auch den Abschluss der Sommersaison, bei dem am 6. September die Strauss-Operette „Der Zigeunerbaron“ in dem Theater zu erleben ist, das zu den Besuchermagneten des Harzes gehört. (mz)