"Hart aber fair" "Hart aber fair": Kaum Zunder und Debatte um Flüchtlingspolitik

Köln - Ein bayerischer Innenminister, der gerade erst öffentlichkeitswirksam Dutzende Kosovo-Flüchtlinge mit „Avanti-Air“ nach Hause geschickt hat, eine Buchautorin, die Ende der 90er aus Afghanistan geflohen ist, die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen: die Hart-aber-Fair-Redaktion hatte aus dieser Konstellation offenkundig viel Zunder erwartet. Doch diesen Gefallen taten ihr die Gäste nicht - zumindest in weiten Teilen.
Auch nicht der bayerische Innenminister, den die Kamera erwartungsvoll immer wieder in Großaufnahme zeigte, als Zohre Esmaeli ihr Flucht aus Afghanistan schilderte. Keine Frage: natürlich müsse und werde man politischen Flüchtlingen Asyl gewähren, so der bayerische Innenminister. Aber man könnte dies noch besser tun, gäbe es nicht so viele Wirtschaftsflüchtlinge, so Joachim Herrmann. Missbrauch müsse bekämpft werden, er sei aber nicht bereit, das Asylrecht als solches in Frage zu stellen.
Missbrauch des Asylrechts im Mittelpunkt
Flüchtlinge - wie willkommen sind sie in Deutschland? Um diese Frage ging es bei „Hart aber fair“. Und das Fazit: Kommt darauf an, woher sie kommen und warum. Und: wo sie untergebracht werden. Über weite Strecken ging es in der Diskussion aber nicht um die gelebte Willkommenskultur in vielen Orten der Republik, sondern um den Missbrauch des Asylrechts, um Wirtschaftsflüchtlinge, die zunehmend aus dem Balkan nach Deutschland kommen – und nur wenig um jene, die um ihr Leben fürchten müssen, weil sie aus politischen oder religiösen Gründen in ihrer Heimat verfolgt werden.
Die Aussage von Stern-Autor Walter Wüllenweber, zwei Drittel der Flüchtlinge erfüllten die Schutzkriterien, blieb unbelegt. Hier hätte man sich konkrete Zahlen in der Sendung gewünscht - und nicht erst im Hart-aber-fair-Faktencheck, nachdem die Sendung längst vorbei ist.
Schuldzuweisungen, der Staat habe viel zu lange den Kopf in den Sand gesteckt, sind in der aktuellen Situation allerdings wenig hilfreich, wenn täglich neue Flüchtlinge kommen, die menschenwürdig untergebracht werden müssen.
Ja, es gibt eine Willkommenskultur in Deutschland - selbst dort, wo man sie nicht erwartet. Ebenso gibt es aber auch eine „Ablehnungskultur“. So nahm die sich langsam verflüchtigende Diskussion wieder Fahrt auf, als Frank Quandel, Mitbegründer einer Bürgerinitiative, die Situation in einem Flüchtlingslager in Burbach schilderte. Und über die Ängste der Anwohner sprach, über die Wirtschaftsflüchtlinge, die Burbach zugewiesen worden seien, über Wildpinkler, Drogen- und Alkoholprobleme und Männer, die Quandels Töchter nach ihrer Telefonnummer fragten.
Kaum Zeit für produktive Debatte
Dazu hätte man aber auch in der Sendung den Hinweis erwartet, dass Burbach in den vergangenen Monaten Negativschlagzeilen machte, weil Flüchtlinge vom Sicherheitsdienst misshandelt worden sind. Leider versäumte Moderator Frank Plasberg es auch nachzuhaken, was genau Quandel am Asylrecht als „steinzeitlich“ empfindet.
Über weite Strecken ließ Plasberg die Diskussion einfach laufen. Am Ende blieb wenig Zeit für eine Debatte, die spannend gewesen wäre: Zur Forderung des Stern-Autors Wüllenweber etwa, gerade in gut situierten Gegenden Flüchtlingsunterkünfte zu bauen, weil Asylbewerber eher dort als in sozialen Brennpunkten integriert werden könnten, hätte man in der Sendung gerne mehr gehört. Da war sie aber schon zu Ende. Uschi Glas appellierte an die eigene Verantwortung: Privilegierte Menschen seien verpflichtet, sich um die Gesellschaft zu kümmern, ihr etwas zurückzugeben und die Gesellschaft ein bisschen besser zu machen. In München, in Köln - aber eben auch in Burbach.