Ansichten eines Clowns Hans Joachim Triebsch: Ansichten eines Clowns - Künstler der Region - Serie, Teil 2

Naundorf - Köpfe hat er zuletzt gemalt, Clownsköpfe in grellen, blutigen Farben. Alte und junge, traurige und zornige Clowns. Keine Porträts im eigentlichen Sinne - und doch auch Selbstbildnisse, wie Hans Joachim Triebsch sagt. Malerische Recherchen zur uralten, ewig antreibenden Frage nach dem Ich. Haltungen, Sehnsüchte, Zweifel und eigene Zerrissenheit werden offenbar. Diese Arbeiten sind Hingucker. Allesamt.
Provokation über dem Sofa
Anerkennendes Schulterklopfen hat Triebsch reichlich eingesammelt dafür. Ob aber jemand täglich mit solch einem Gemälde Umgang haben und sich von ihm provozieren lassen möchte, ist noch eine andere Frage.
„Wenn ich nach Hause komme, will ich etwas Schönes über dem Sofa sehen“, hat der Maler schon entschuldigend zu hören bekommen. Gegen Schönheit hat er freilich nichts einzuwenden, sonst wäre er auch falsch in seinem Beruf. Aber das Schöne existiert eben nicht allein auf der Welt. Und es ist vielerlei Bedrohungen ausgesetzt. Auch in den Köpfen der Menschen, die sich doch fast alle nach Harmonie sehnen. Davon erzählen die Clowns ja gerade, die Triebsch gemalt hat.
Begabung zum Zeichnen früh erkannt
1955 in Brandenburg an der Havel geboren, hat er bei Hannes H. Wagner an der Burg in Halle studiert, später dort auch gelehrt. Eine Begabung zum Zeichnen war früh aufgefallen, aber lange hat Triebsch das Berufsziel Künstler gescheut.
Bäcker, Koch, auch Architekt wollte der Junge werden. Dann hat er doch seine Mappe gepackt, ist nach Halle gefahren und 1975 in die Malklasse der Burg aufgenommen worden.
Nun sitzt er da und macht sich viele Gedanken in seinem Atelier- und Wohnhaus in Naundorf, einem kleinen Ort im Saalekreis, der zur Gemeinde Kabelsketal gehört. Mephisto beschäftigt ihn jetzt, der Teufelsbraten, ohne den das Gute gar nicht als das Gute erkennbar wäre. Und die Verführung zum Bösen nicht so sexy.
Handwerker in eigener Sache
„Ich bin Optimist von Geburt an“, sagt Triebsch, „aber zuletzt ist meine Zuversicht arg ramponiert worden.“ Trump und Erdogan nennt er stellvertretend für die veränderte Welt und fügt hinzu: „Und in unserer Gesellschaft läuft es schon gar nicht rund.“
Woher er seine Anregungen nicht zuletzt bezieht, liegt mithin nahe: „Ich lese Zeitung“, stellt Triebsch trocken fest. Sein künstlerisches Vorbild ist der 2009 verstorbene österreichische Bildhauer, Grafiker und Maler Alfred Hrdlicka - ein Mann, der den politischen Themen nie ausgewichen ist und durch seine Arbeit selbst Debatten angeregt hat.
Das Zeitgeschehen beschäftigt Triebsch stark, während ihn sein Haus, durch das er quasi zum Handwerker in eigener Sache geworden ist, auf andere Art in ständiger Bewegung hält. Manchmal erscheint das allerdings wie eine Sisyphos-Aufgabe, die keinen Abschluss finden kann.
Charme und Risiken
Aus Halle kommend, wo er unter anderem großformatige Wandbilder in der Großen Klausstraße und auf der von Peter Sodann begründeten Kulturinsel schuf, sind Triebsch und seine Frau Ende der 1990er Jahre in einen aufgegebenen, früher gut besuchten Gasthof gezogen. Mit allen Risiken, den solch ein charmantes, altes Haus samt anliegendem Saalbau zwangsläufig in sich birgt.
Als Künstler ist Triebsch an Hindernisse und Zweifel gewöhnt. Also wird es weitergehen. Über die Zeitenwende von 1989/90 sagt er lakonisch: „Die Themen sind geblieben. Die Bedingungen haben sich geändert.“ (mz)