HA Schult HA Schult: «Bin mit meiner Kunst verheiratet»

Köln/dpa. - «Die mit Abstand bekanntesten Skulpturender Welt», meint der Aktionskünstler. «Und sicherlich auch meinepopulärste Arbeit.» Am 24. Juni wird HA Schult - bekannt fürprovokante und schrille Aktionen - 70 Jahre alt. «Ich war drei Malverheiratet, war aber eigentlich immer amtierender Single. Denn ichbin mit meiner Kunst verheiratet», erzählt der internationalrenommierte Künstler mit dem widerspenstigen Haar-Schopf.
Sein Leitmotiv - oft auch Arbeitsmaterial - ist der Müll. DasThema Umwelt treibt HA Schult, eigentlich Hans Jürgen Schult, seitJahrzehnten um. «Meine Müllmenschen sind die Idee einer globalenSkulptur, die darstellen, dass wir unseren Planeten zu einemMüllplaneten zu machen drohen.» Die 1000 lebensgroßen Figuren ausSchrott haben viele Millionen Menschen gesehen, auf der ChinesischenMauer, in Rom, Moskau oder Kairo. Im November werden die Trash Peoplein der Antarktis aufgebaut, später in New York, dann ziehen sie insgeplante HA Schult Museum in seinem Geburtsort Parchim (Mecklenburg-Vorpommern) ein. «Meine Trash People sind aus Müll gebaut und unsdamit nicht unähnlich. Wir produzieren Müll und wir werden zu Müll.»
«Ich habe immer eine Kunst machen wollen, die nicht an der Wandverendet, die nicht in Vorstandsetagen verödet», erzählt HA Schult.Nach einem Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie führte er sichals «Macher» skurriler Aktionen in die Kunstwelt ein: In einemMünchner Nobelstadtteil kippte er 1969 tonnenweise Altpapier auf dieStraße. Nahe Köln konnten Museumsbesucher in einer Installation mitKartoffelbrei und Pommes den «Krieg der Mikroben» beobachten. DenMarkusplatz in Venedig verwandelte HA Schult mit alten Zeitungen ineinen riesigen Müllplatz. In Düsseldorf blockierte er Mitte der 90erJahre das Rheinufer mit 80 verkeilten Autos für eine Aktion gegen den«Stau-Wahn». Über seine Kunst wurde auch vor Gericht gestritten.
Bissige Kommentare haben Humor und Selbstbewusstsein des Künstleraber nicht angeknabbert. «Es hat schon Stimmen gegeben, man sollteeinen armen Irren wie mich in Stücke hacken, aber das hat mich nichtzum Halten gebracht», erzählt der Wahl-Kölner amüsiert. «Ich willetwas Neues, man muss den Erfolgen entgegentreten.» Bekannt ist auchsein «Hotel Europa» an der Autobahn 59 nahe Bonn, eine Bauruine, dieHA Schult bis 2001 mit entfremdeten Porträts von Prominenten wieLuciano Pavarotti, Lady Di, Angela Merkel oder Papst Benedikt XVI.schmückte. Die Ruine wurde 2001 gesprengt.
«Ich habe kein Auto und kein eigenes Haus. Ich habe mein Geldimmer in meine Kunstaktionen gesteckt», sagt HA Schult. Seinesogenannten Picture Boxes haben heute auf dem Markt einen Wert, «fürden ich mich fast schämen muss.» Eine berühmte «Box» - dasgroßformatige Bild «Biokinetisches Labor» mit Bakterien inReagenzgläsern - hängt an seiner Wand. Überall im HA SchultsWohnmuseum stehen zudem nachgebaute Miniatur-Ausgaben seinerKunstwerke wie das goldene Flügelauto oder die Weltkugel, mitten drinsein Bett, seine Garderobe auf einer Stange, umgebaute Einkaufwagenals Sitzgelegenheit.
HA Schult gilt als erster europäischer Künstler, der das ThemaUmwelt konsequent als Kehrseite der Konsumgesellschaft inszenierteund damit zu einem geschärften Umweltbewusstsein beitrug. Er selbstwill zum 70. Geburtstag nicht Bilanz ziehen oder gar bewerten. Dasser zufrieden ist, wird aber auch so deutlich: «Ich habe denweltweiten Ruhm und das ist mein Kapital. Ich hänge heute in 80 bis100 Museen in aller Welt.» Für die sizilianische Stadt Noto wird erim November ein Kunstprojekt zu Thema Immigration realisieren. «Ichhabe große Projekte im Auge, mit denen ich die nächsten zehn Jahrebeschäftigt sein werde.»
An seiner Seite bleibt Ex-Frau Elke Koska, seine Muse undManagerin: «Wir sind beruflich überhaupt nicht mehr zu trennen, weilwir alles zusammen aufgebaut haben.» Einen sentimentalen Wunschverrät der Künstler am Ende noch: «Mein Miniatur-Müllmann, eine ArtEmbryo, soll eines Tages auf dem Mond stehen, als Mann im Mond. Ersteht im Kennedy Space Center bereit und hat sein Ticket schon in derTasche.»