HA Schult HA Schult: Aktionskünstler schickt Müllmenschen nach Kairo
Hamburg/dpa. - «Müllmenschen» gibt es in Kairo seit Jahrzehnten.Sie zählen zu den Ärmsten der Stadt und leben von der Mülltrennungund Wiederverwertung, schon lange bevor es in Deutschland den GrünenPunkt gab. Nun will der Kölner Aktionskünstler HA Schult 1000künstliche Müllmenschen nach Kairo bringen. In seinen lebensgroßenSkulpturen aus gepresstem Wohlstandsmüll sieht er «Botschafter desFriedens». Im Mai sollen sie vor den Pyramiden in Giseh stehen, alsZeugen unserer Zeit in unmittelbarer Nähe zu den großen Zeugen derVergangenheit.
Elke Koska, Ehefrau und Managerin des Künstlers, erinnert sich andie Anfänge des Projekts «Trash People»: «Die chinesischenTonsoldaten haben uns inspiriert.» So wie die TerrakottafigurenVertreter ihrer Epoche sind, sollen die Schult'schen Müllmenschen vonder Gegenwart künden. «Vorweggenommene Archäologie» nennen Schult undKoska das. In dem Zivilisationsmüll stecke das, was unsere Zeitausmache. «Die Müllmenschen sind Stellvertreter für uns alle», sagtKoska.
Im Amphitheater in Xanten begannen die Abfallwesen 1996 ihre großeReise. 1999 standen sie in Paris im Büroviertel La Défense undbevölkerten in Moskau den Roten Platz. Eine Miniaturausgabe reiste imJahr 2000 mit dem Space Shuttle ins All. In China, dem Herkunftslandihrer ideellen Ahnen, durfte HA Schult seine Müllmänner imvergangenen Jahr nach vielem bürokratischen Gerangel auf der GroßenMauer aufstellen. Die Gestalten auf der Chinesischen Mauer sind vorallem aus dem Fernseh-Werbespot mit Thomas Gottschalk und BruderChristoph bekannt.
«Wir haben bislang nur positive Reaktionen bekommen», berichtetElke Koska. «Die Menschen verstehen, dass es Ebenbilder unserer Zeitsein sollen.» Für die Station in Kairo seien auch Informationstextein der Landessprache vorbereitet worden. Zur Ehre der eingeflogenenMüllmenschen in Kairo hat sich auch Ägyptens Kulturminister FarukHusni angesagt. Bedenken wegen muslimischer Extremisten, die derbildlichen Kunst wenig abgewinnen können, habe sie jedenfalls nicht.«Wir lassen uns für keine Seite politisch vereinnahmen, es geht unseinfach um den Frieden», sagt sie.
Bilder zu malen, um sie anschließend in Museen zu hängen, kommtfür HA Schult nicht in Frage. Der Künstler mit dem Vornamen in Formeines Autokennzeichens steht für öffentliche Aktionen von schlichter,aber publikumswirksamer Symbolik. In den 70er Jahren verwandelte erden Markusplatz in Venedig für eine Nacht lang in einen Papierkorb.Ende der 90er Jahre verzierte er eine Hotelruine in er Nähe von Kölnmit Porträts prominenter Europäer, und im vergangenen Jahr verhüllteer das Berliner Postfuhramt in Christo-Manier mit wetterfestenLiebesbriefen.
All diese Projekte ins Werk zu setzen, ist der Job von Elke Koska.Als «Macher und Muse» stellen sich die beiden seit fast 30 JahrenVerheirateten auf ihrer Homepage vor. «Musen waren immer starkeFrauen, und das bin ich auch», sagt Elke Koska, die gewöhnlich mitschriller Perücke und buntem Make-up auftritt. Emanzipation habe siejedenfalls nicht nötig: «Schult ist von mir viel abhängiger als ichvon ihm.» Kennen gelernt haben sie sich in den 60er Jahren inMünchen: Die junge Schauspielschülerin war in ein Taxi gestiegen, undder Fahrer hatte ihr von all seinen tollen Projektideen erzählt.