György Dalos György Dalos: Ein Loblied auf den Runden Tisch

LEIPZIG/MZ/CEG - - Wie der Frühling, der am Mittwochabendalso auch den großen Saal des Gewandhauseserreichte. Mit dem Saal das Publikum - unddas Orchester unter der Leitung von Sir RogerNorrington. Im Mittelteil der Messe-Eröffnungspielte Sayaka Shoji Bachs Konzert für Violineund Orchester E-Dur in einer solchen Intensität,dass es dem Publikum den Atem zu verschlagendrohte. Große Momente gab es da in den leisestenPartien. Wie energievoll Beinahe-Stille seinkann.
Und wie belebend eine am persönlichen Erlebenausgerichtete Rede. Die ließ der in Berlinlebende Publizist und Schriftsteller GyörgyDalos auf den an ihn überreichten Preis zureuropäischen Verständigung folgen. Der 66-jährigeUngar wurde für sein Ostblock-Showdown-Buch"Der Vorhang geht auf" (die MZ berichtete)geehrt. Dalos sprach von den Menschen alsSubjekten und nicht Objekten der Geschichte.Er sprach von sich und von dem, was seineVergangenheit mit unserer Gegenwart verbindet.Der Einsatz der Vor-89er-Jahre, der für ihnnicht von gestern ist.
György Dalos erinnerte an die Literatenrundenim Ostberlin der 70er und 80er Jahre. Ererwähnte Heiner Müller und Klaus Schlesinger,Bettina Wegener und Thomas Brasch. Er sprachvon der tätigen Solidarität, die er als Ost-Schriftstellervon Kollegen im Westen erhielt. Und dass ereigentlich gar nicht vorrangig den Zusammenbruchdes Ostblocks gewünscht hatte. Er habe sichdoch nur gewünscht, "dass der Stolz der Mächtigenbestraft" werde und "die Bedrängten Rechteerhalten, dass die Lüge und Gewalt enlarvt"werden könnten. So kam es ja auch. Eindrücklichschlug György Dalos die Brücke zwischen denJahren vor und nach 1989: "Bei den Erinnerungenan das Jahr 1989 stelle ich mir häufig dieFrage: Damals waren die halblegalen, schwachenneuen Parteien bereit, selbst mit dem kommunistischenGegner Verhandlungen zu führen, welche denÜbergang von der Diktatur in die Demokratieermöglichten. Was hindert sie nun jetzt daran,eine ebenso friedliche Transformation derschlechten Demokratie zu deren besseren Variantein Gang zu setzen und dadurch die Rechtsextremistenzu isolieren? Der Weg dazu führt vielleichtüber einen Möbelstück, das sich vor zwei Jahrzehnteneinmal schon bewährt hatte. Ich meine denRunden Tisch. Hoffentlich müssen wir auf ihnnicht weitere zwanzig Jahre warten." StarkerApplaus am Schluss.