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Günter Wallraff deckt auf Günter Wallraff deckt auf: "Wir könnten sofort weitere Filme drehen"

Von torsten wahl 09.05.2014, 19:06
Der Journalist und Autor, Günter Wallraff
Der Journalist und Autor, Günter Wallraff dpa Lizenz

köln/berlin/MZ - Die Telefone klingeln derzeit fast ununterbrochen bei Günter Wallraff (71). Informanten, Betroffene melden sich, einige geben Hinweise auf Missstände in Pflegeheimen: „Wir könnten sofort weitere Filme drehen.“ Die letzten Wochen haben dem Kölner Reporter viel Stress, aber auch viel Aufmerksamkeit beschert.

Alle drei Reportagen, die bei RTL unter dem Titel „Team Wallraff“ liefen, provozierten heftige Reaktionen, beim Publikum wie bei den Firmen. Junge Kollegen deckten mit Wallraffs Methode und unter seiner Anleitung mit versteckter Kamera Missstände auf: Dauerstress und Überwachung bei Zalando, Hygienemängel bei Burger King, Unterbesetzung, Überforderung und Betrug in der Altenpflege. Der Bericht über Burger King erreichte 3,8 Millionen, der Film über die Pflege sogar 4,4 Millionen Zuschauer – für Sozialreportagen extrem hohe Werte.

Jüngeres Publikum erreicht

Dieses starke Interesse hat selbst Wallraff überrascht, vor allem beim Film über die Pflegeheime: „Ich habe mich gewundert, dass sich Jüngere so stark darauf eingelassen haben.“ Er selbst hatte vorgeführt, wie leicht sich Pflegeleistungen erschleichen lassen: Nach den Anweisungen eines kriminellen Pflegedienstes spielte er einen Gebrechlichen.

Wallraff hatte sich bewusst an RTL gewandt, weil er hier ein jüngeres Publikum erreicht und weil der Sender seine Reportagen zu einem besseren Zeitpunkt ausstrahlt. Wallraff lobt den Mut und die Risikobereitschaft der RTL-Macher, die den Konflikt mit Werbekunden nicht scheuten.

Immer neue „Updates“

Die Reaktionen der kritisierten Firmen sind so stark, dass RTL in Sendungen wie „Extra“ und im Netz immer neue „Updates“ bringen kann. Das Versandhaus Zalando, das im Netz inzwischen „Sklavando“ heißt, wehrte sich zwar mit einer einstweiligen Verfügung, in der einige Details zurückgewiesen werden. Etwa die Strecke, die jeder Beschäftigte pro Schicht laufen müsse: Statt 20 bis 27 Kilometer seien es „nur“ 15 bis 20 Kilometer. Wallraff sieht den Film dennoch als Erfolg: „Die Leute bei Zalando dürfen sich inzwischen bei der Arbeit auch mal hinsetzen!“

Dass im Fall von „Burger King“ die Passagen über Darmkeime und überlagerte Lebensmittel die heftigsten Reaktionen hervorriefen, und nicht etwa die Ursache, der Druck und das Mobbing gegen die Angestellten, bedauert Wallraff.

Besondere Genugtuung

Er sieht es als besondere Genugtuung an, dass sich nicht nur der Geschäftsführer einer Franchise-Kette bei Burger King zurückziehen musste, sondern auch dessen Anwalt Helmut Naujoks, der Betriebsräte angegriffen hatte. Mit Naujoks hatte sich Wallraff seit längerem duelliert. Eine Aufnahme, die ihn undercover beim „Betriebsratsfresser“ zeigt, wollte das ZDF nicht senden – doch RTL wagte es.

Die vorerst letzte „Team Wallraff“-Reportage, die am Montagabend zu sehen ist, werde wohl nicht so viele Wellen schlagen, vermutet er. Überhaupt wolle er in Zukunft nicht mehr eine ganze Staffel, sondern lieber Einzelstücke zeigen. Selbst ein Streiter wie Günter Wallraff kann nicht permanent an vielen Fronten kämpfen.

„Team Wallraff: Reporter undercover“ läuft am Montag um 21.15 Uhr im RTL-Programm.