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Große Trauer um Wolfgang Winkler Große Trauer um Wolfgang Winkler: Nachruf auf "Polizeiruf 110"-Kommissar aus Halle

Von Andreas Montag 08.12.2019, 14:59
Der Schauspieler Wolfgang Winkler aus Halle ist im Alter von 76 Jahren gestorben.
Der Schauspieler Wolfgang Winkler aus Halle ist im Alter von 76 Jahren gestorben. imago stock&people

Berlin/Halle (Saale) - Er ist so ein fröhlicher, das Leben bejahender Mensch gewesen. Er hat die Menschen gemocht und sie mochten ihn. Als Kommissar Herbert Schneider im „Polizeiruf“-Krimi aus Halle, an der Seite seines Freundes und Kollegen Jaecki Schwarz alias Herbert Schmücke, haben ihn Millionen von Zuschauern in ganz Deutschland gern gesehen und vermissten beide, als die Ära des Ermittlergespanns in der ARD 2013 zu Ende ging, weil der produzierende Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) die beiden in Rente schickte.

Nun ist Wolfgang Winkler nach langem Krebsleiden im Alter von 76 Jahren in Berlin gestorben, wie zuerst sein Kollege und Freund Matthias Brenner, der Intendant des neuen theaters Halle, am späten Samstagabend via Facebook gemeldet hat.

Wolfgang Winkler arbeitete viele Jahre am Landestheater in Halle

Nach Berlin, in die Nähe des Volksparks Friedrichshain, war er mit Mitte 60 gezogen. Wenige Jahre zuvor hatte er noch gespottet: „Ich bin einer, der seit 40 Jahren nach Berlin gehen will - und bin immer noch hier.“ Hier, das war Halle - die Stadt, in der er seit den 1960er Jahren gearbeitet und gelebt hatte. Viele ältere Hallenser erinnern sich noch an Winklers Bühnenjahre am Landestheater. Später, nach der Zeitenwende von 1989, kehrte er noch einmal zurück und spielte nun an Peter Sodanns neuem Theater.

Dann kam der Sprung zum Fernsehen. Von 1996 an war Wolfgang Winkler 50 Mal gemeinsam mit Jaecki Schwarz im „Polizeiruf 110“ zu sehen. Bei diesem Schritt habe sicher auch „der schnöde Mammon“ eine Rolle gespielt, bekannte Winkler in einem MZ-Gespräch zu seinem 65. Geburtstag.

Fernseh-Kommissare werden besser bezahlt als ihre Kollegen im echten Polizei-Alltag, wie man weiß. Seine Ehrlichkeit hat Winkler dennoch ausgezeichnet. Außerdem, so sagte er weiter, habe es ihn schon gereizt, „als Schauspieler noch ein bisschen berühmter zu werden“.

Das gelang. Und auch der Stadt Halle hat es nicht zum Nachteil gereicht, wenn die beiden nicht mehr jungen Ermittler auf der Hochstraße in die Neustadt bretterten oder über das Kopfsteinpflaster im Paulusviertel rumpelten, um den nächsten Missetäter zur Strecke zu bringen.

Das Duo war wunderbar besetzt und perfekt eingespielt: Herbert Schneider, also Winkler, gab den Bodenständigen, der aber durchaus seinen eigenen Kopf behauptete - wie im wirklichen Leben. Sein Kompagnon Schmücke ließ dagegen den Spott, bisweilen auch die Arroganz des intellektuellen Feingeists blitzen.

Die beiden wirkten dabei oft so rührend und komisch wie ein altes, kampferprobtes Ehepaar, das bei aller Kabbelei eben doch nur gemeinsam glücklich sein kann. Als der MDR die beiden Helden pensionierte, war das Publikum traurig - so, wie sie selbst auch.

Aber sie verschwanden ja nicht aus der Öffentlichkeit. Gemeinsam tourten sie mit einem heiteren Leseprogramm landauf, landab. Winkler stieg zudem erneut im Fernsehen ein und spielte bis Anfang des Jahres mit Tilo Prückner in der ARD-Vorabendserie „Rentnercops“.

Schauspieler Wolfgang Winkler war ein bekennender Genussmensch 

Seine erste Filmrolle hatte der damals 22-jährige Winkler, der 1943 in Görlitz geboren worden war und zunächst den Beruf eines Lokomotivführers erlernte, in Kurt Maetzigs Defa-Drama „Das Kaninchen bin ich“. Das fiel allerdings 1965 der Zensur der hysterischen SED-Kulturbürokraten zum Opfer und konnte erst 1989 uraufgeführt werden.

Seiner Liebe zum Theater, die auf Kindheitsjahre zurückgeht, hat der bekennende Genussmensch Winkler auch nach seinem Fernseherfolg nicht entsagen wollen. 2005 gab er während der Urlaubssaison in der Kirche von Koserow auf Usedom den „Galilei“ von Brecht. 2014, ein Jahr nach dem unfreiwilligen Aus im „Polizeiruf 110“, kehrte er, wiederum mit Jaecki Schwarz, nach Halle zurück und spielte am neuen theater in Matthias Brenners Inszenierung von „Warten auf Godot“, Samuel Becketts Klassiker des Absurden.

Auch so wird man Wolfgang Winkler in Erinnerung behalten. Und als einen selbstbewussten, zugleich bescheidenen Mann von nebenan, der fest in der ostdeutschen Landschaft wurzelte, aus der er gekommen war. (mz)

Wolfgang Winkler bei einem Fototermin zur ARD-Serie „Rentnercops“ am Set der Wache in Köln.
Wolfgang Winkler bei einem Fototermin zur ARD-Serie „Rentnercops“ am Set der Wache in Köln.
imago stock&people