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Großbritannien Großbritannien: Richter-Gemälde wird für 3,1 Millionen Euro versteigert

22.06.2006, 09:48
Das Gemälde «Tante Marianne» malte Gerhard Richter in Erinnerung an einen Euthanasie-Fall in der eigenen Familie in der NS-Zeit. (Foto: dpa)
Das Gemälde «Tante Marianne» malte Gerhard Richter in Erinnerung an einen Euthanasie-Fall in der eigenen Familie in der NS-Zeit. (Foto: dpa) Sotheby's

London/dpa. - Bei der Kaufsumme von 2,135 Pfund handelt es sich um den bisher höchsten Preis für ein Werk Richters. Das Bild zeigt Richter als vier Monate altes Baby im Jahr 1932, wie er auf dem Schoss seiner damals 14-jährigen Tante Marianne Schönfelder sitzt.Die Tante kam während der Nazi-Zeit in einer Euthanasie-Klinik ums Leben.

Das Doppelporträt ist eines der frühen Meisterwerke des heute 74-jährigen Malers, der als einer der bedeutendsten Künstler derGegenwart gilt. Bei Sotheby's lieferten sich zwei Bieter zum Schlusseinen heftigen Wettbewerb, den der anonyme Käufer dann am Telefon fürsich entschied. Das Gemälde befand sich zuvor im Besitz einer Familieaus Stuttgart, die das Bild vor vier Jahrzehnten für umgerechnetweniger als 1500 Euro gekauft hatte.

Richter malte es 1965 anhand einer Fotografie aus dem Juni 1932.Bei seiner Tante wurde wenige Jahre später Schizophreniefestgestellt. Sie wurde zwangssterilisiert und in die Psychiatrieeingewiesen. Im Februar 1945 starb sie als eines von fast 8000Euthanasie-Opfern in der Psychiatrischen Anstalt Großschweidnitz(Sachsen). Beerdigt wurde sie in einem Massengrab.

Nach Ansicht von Experten wurde der Wert des Bildes durch dietragische Familiengeschichte gesteigert. Richter selbst wusste nacheigenem Bekunden noch nichts vom Leidensweg seiner Tante, als er dasBild malte. Dem Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» sagte er vor einigenTagen: «Dass man einen solchen Bohei um das Bild macht, so sehr dasPersönliche hervorkehren lässt, das ist unlauter.»

Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, die selbst Interesse andem Bild gehabt hatten, reagierten enttäuscht auf den Verkauf. «ZweiWochen später, und wir hätten das Geld gehabt», sagte GeneraldirektorMartin Roth der dpa. «Wir brauchen in Deutschland einenFeuerwehrfonds, einen Topf, wo man ganz schnell was rausnehmen kann,um es später wieder zurück zu zahlen.»

Auch das sächsische Kunstministerium bedauerte, dass das Bildnicht für Dresden angekauft werden konnte. «Es ist schade, dass esnicht gelungen ist, in der Kürze der Zeit private Sponsoren zufinden.» Das Ministerium hatte sich mit den StaatlichenKunstsammlungen um eine Finanzierungslösung bemüht.

Bei der selben Versteigerung wechselten auch zahlreiche andereWerke zeitgenössischer Kunst zum Gesamtwert von mehr als 40Millionen Euro den Besitzer. Zum Rekordpreis von umgerechnet 3,79Millionen Euro wurde das Gemälde «The Splash» des US-Malers DavidHockney aus dem Jahr 1966 verkauft.