Großbritannien Großbritannien: Julie Christie wird 65 Jahre alt

London/dpa. - Sie galt als universelles Sex-Symbol. Geliebt fürden sehnsuchtsvollen Blick ihrer großen Augen, aber auch für dieHärte und die Unabhängigkeit, die darin zu sehen waren. In denRanglisten von Männermagazinen tauchte sie immer wieder alsSchauspielerin mit ungeheurer erotischer Ausstrahlung auf. Und siegehörte zu den Frauen, die in den 60er Jahren für neuesSelbstbewusstsein standen. An diesem Freitag (14. April) wird diebritische Schauspielerin Julie Christie 65 Jahre alt.
Den Durchbruch zum Weltstar schaffte Christie mit zwei Filmen imJahr 1965. «Darling», in dem sie unter der Regie von John Schlesingerein karrierehungriges Fotomodell spielte, brachte ihr einen Oscar alsbeste Hauptdarstellerin - und das Image jenes ungezügelten Wesens,das im Minirock durch die «Swinging Sixties» von London spazierte.Doch in Erinnerung wird die Blondine den meisten durch eine andereRolle bleiben. Mit Tränen unter der Pelzmütze verlieh sie in «DoktorSchiwago» als Krankenschwester Lara dem reinen Gefühl Ausdruck.
Die weiteren Rollen suchte sie sich vorsichtig aus. Die Kritik warbegeistert von Auftritten in Francois Truffauts «Fahrenheit 451»(1966), Joseph Loseys «Der Mittler» (1971) und Nicolas Roegs «Wenndie Gondeln Trauer tragen» (1973). Einfach war sie als Schauspielerinnicht. «Sie ist eine unabhängige Natur mit stark ausgeprägtenAnsichten», sagt «Doktor Schiwago»-Regisseur David Lean. Auch abseitsder Filmkameras zeigte sie Meinung. Christie demonstrierte - oft zumSpott ihrer Hollywood-Kollegen - gegen Atomwaffen, gegen Tierversucheund für den Umweltschutz.
Heute lebt sie zurückgezogen in einem Bauernhaus in Wales. Zumnächsten Geschäft sind es sechs Kilometer, und nur wenige kennen diegenaue Adresse. Sie sei keine Einsiedlerin, sagen Bekannte. Aber sieschätze ihre Privatsphäre. Und ihre Unabhängigkeit scheint sie umkeinen Preis aufgeben zu wollen. Ob sie mal heiraten wolle, wurde siegefragt? «Nein. Ich sehe keinen Grund zu heiraten. Außer man istreligiös.» Und Kinder? «Nein. Ich glaube nicht, dass ich es aushaltenkönnte, wenn mich jemand 24 Stunden am Tag beeinträchtigt.»
Das mag seinen Grund auch in der eigenen Kindheit haben. Geborenwurde sie in Indien, wo der Vater eine Teeplantage betrieb. DieEltern gaben sie als junges Mädchen zu einer Pflegemutter, die siezuvor nie gesehen hatte. Von der britischen Klosterschule, auf dieJulie Christie später ging, wurde sie verwiesen, nachdem sieanstößige Geschichten erzählte. «Ausgewiesen zu werden, nur weil icheinen mickrigen Witz erzählt habe, ist die grausamste Sache die maneinem Kind antun kann», sagte die Schauspielerin später.
Diese Erziehung hinterließ Spuren. Julie Christie erschrak, wennihr Name in der Öffentlichkeit ausgerufen wurde, weil es sie immerwieder an die Nonnen erinnerte, die sie vor versammelter Klasseausschimpften. Auch als sie 1965 den Oskar für «Darling» erhielt,brach sie nicht vor Freude in Tränen aus - sondern auch, weil sie dieNennung ihres Namens an die Klosterschule erinnerte.