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Gerhard Schwarz  Gerhard Schwarz : Zeitz würdigt Lebenswerk des Künstlers aus Halle

Von Kai Agthe 11.07.2016, 16:51
Ein Hauptwerk im Schaffen von Gerhard Schwarz: „Zementwerk Karsdorf“ (1982)
Ein Hauptwerk im Schaffen von Gerhard Schwarz: „Zementwerk Karsdorf“ (1982) Hans-Wulf Kunze

Zeitz - Man weiß nicht genau, worüber man sich mehr wundern soll: Dass der Maler und Grafiker Gerhard Schwarz ausgerechnet im Museum Schloss Moritzburg in Zeitz mit einer Ausstellung gewürdigt wird – oder über den Umstand, dass die Stadt Halle, in der er geboren wurde und künstlerisch tätig ist, es versäumte, ihm zu seinem 75. Geburtstag - den der frühere Professor für bildnerische Grundlagen der Kunsthochschule Burg Giebichenstein letztes Jahr beging - eine Ausstellung zu widmen.

„Stille Bilder“ in Zeitz

Was umso bedauerlicher ist, da das Forum Gestaltung Magdeburg im Vorjahr zu Schwarz’ Jubiläum mit der Retrospektive „Stillleben mit Zwingen“ aufwartete. Anlässlich dieser Schau erschien auch ein umfangreicher Katalog, zu dem Kurator Norbert Eisold essayistische Texte verfasste, die das Gesamtwerk von Gerhard Schwarz kunsthistorisch klug einordnen.

„Stille Bilder“ heißt die Ausstellung im Museum Schloss Moritzburg in Zeitz. Die erinnert im Titel daran, dass Schwarz ein Künstler ist, zu dessen facettereichem Werk nicht nur Stillleben gehören, sondern auch, dass der hallesche Maler ein bescheidener Mensch ist, der nie viel Aufhebens um sich und seine Arbeit macht.

Aufregende technische Dinge

Das hat Konsequenzen, da, ähnlich wie im Handwerk, auch in der Kunst das Klappern in eigener Sache dazu gehört. So viele Ausstellungen es in den vergangenen 25 Jahren zur DDR-Kunst auch gegeben haben mag, Schwarz war, soweit sich sehen lässt, nur an einer beteiligt. Deshalb muss man nach Magdeburg nun auch der Stadt Zeitz danken, dass sie mit einer Werkschau an ihn erinnert.

Schwarz’ Gemälde betrachtend fällt auf, dass in seiner Malerei über Jahrzehnte hinweg Braun-, Grau- und Gelbtöne dominierten. So auch bei dem Gemälde „Zementwerk Karsdorf“, das - in Zeitz entsprechend prominent gehängt - als Hauptwerk des Künstlers gelten kann und für Eisold mit einigem Recht „eine solitäre Erscheinung“ in der DDR-Kunst jener Jahre ist.

Motive mit chemischen Anlagen

1982 entstanden, stellt „Zementwerk Karsdorf“ die Summe und den Höhepunkt von Schwarz’ Auseinandersetzung mit Industrielandschaften dar, die ihn in den 1970er Jahren in den Bann gezogen hatten. In dieser Zeit variierte Schwarz vor allem Motive mit chemischen Anlagen, deren Vorbilder er etwa in den Buna-Werken fand.

Für ihn seien „technische Dinge immer visuell aufregend“ gewesen, sagt Gerhard Schwarz. „Aufregend bei dem Zementwerk war für mich die Farbigkeit. Die eine Hälfte des Werkes war ein rötliches Grau, die andere ein grünliches Grau.“ Das Stichwort ist gefallen: Denn nicht nur Zement- und Chemiewerke waren in der DDR grau, sondern auch die Städte und, das schien zwangsläufig abzufärben, die Menschen. Das bekunden in der Zeitzer Ausstellung programmatische Gemälde wie „Alte Häuser“ (1979), um die sich eine durch Flächenabriss entstandene Brache breitet, und „Der Bauwagen“ (1987), vor dem ein Bauarbeiter, eine Hand gelangweilt in der Hosentasche, den industriellen Stillstand verwaltet.

Die Stagnation als Schleuse

Auf keinem Gemälde kommt die Stagnation, welche die DDR in den letzten Jahren ihrer traurigen Existenz paralysierte, wohl besser zum Ausdruck als auf „Schleuse I“. Das Bild entstand 1989, also in jenem Jahr, in dem im Honecker-Staat, wo sich über Jahrzehnte Unmut aufgestaut hatte, alle Dämme brachen. Schwarz’ Schleuse ist ein in seiner Schwärze bedrohlich wirkender eiserner Vorhang, den mit der Mauer, die allein die DDR bis zum Wendejahr noch zusammenhielt, zu assoziieren durchaus legitim ist.

„Stille Bilder“, buchstäblich Stillleben, hat Schwarz nicht nur in den 1990er Jahren einem Glas mit Blumen und einem Aquarium gewidmet, sondern bereits in den 1970er Jahren technischem Gerät. Das Bild „Maschinenteile“ (1976) kaufte das Kunstmuseum Moritzburg in Halle an, „Stillleben mit Zwingen“ (1978) sicherte sich seinerzeit das Museum der bildenden Künste in Leipzig. Aus Gründen, die Roland Rittig, der Kurator der Schau und Vorsitzende der Gesellschaft zur Förderung des Schlosses Moritzburg Zeitz, zu benennen weiß: „Gerhard Schwarz’ Werk vereinigt in sich die besten Traditionen der halleschen Malerschule, es gehört zum Kanon der mitteldeutschen Malerei.“

Heitere Seite zu entdecken

Man kann den Künstler aber auch von einer heiteren Seite entdecken: Ein wundervoller Zyklus mit Aquarellen zeigt die Weinlandschaft an Saale und Unstrut. In den 1980er Jahren entstanden, reicht die Bild gewordene Exkursion von Schulpforte über das Steinerne Album bei Großjena bis hin zu den Weinbergen in Freyburg. Darstellungen allesamt, die man gern in den eigenen vier Wänden aufhängen würde, befänden sich die Arbeiten nicht schon in Privatbesitz. (mz)

„Gerhard Schwarz: Stille Bilder“, bis 6. November, Museum Schloss Moritzburg Zeitz, Di-So 10-18 Uhr. Das Begleitheft kostet vier Euro. Der Magdeburger Katalog „Stillleben mit Zwingen“ kann für 27,80 Euro bestellt werden unter: [email protected]

Eiserner, schwarzer Vorhang aus dem Wendejahr: „Schleuse I“ (1989)
Eiserner, schwarzer Vorhang aus dem Wendejahr: „Schleuse I“ (1989)
Hans-Wulf Kunze