Gar nichts geklaut Gar nichts geklaut : "Familienalbum" - Neue Platte der Prinzen im Handel

Leipzig - Neue Platte, altes Glück? „Neue Platte, neues Glück!“, kontert Sebastian Krumbiegel gut gelaunt die erste Frage. Gemeinsam mit Tobias Künzel sitzen wir, nicht ganz zufällig, beim Tee im „Bachstübl“ am Leipziger Thomaskirchhof - also dort, wo alles mit dem Thomanerchor begann. Die Prinzen gibt es seit 25 Jahren, aber Sebastian und Tobias kennen sich schon viel länger.
Fast 42 Jahre liegt die erste Begegnung zurück. „Am 2. November 1973 gab es den ersten Kontakt“, sagt Sebastian feierlich, wenn auch mit einem leisen Augenzwinkern: „Oder am Samstag danach“. Und Tobias rückt die Dinge endlich zurecht: „Damals war Sebastian noch nicht im Chor, aber sein Bruder ging in meine Klasse“, sagt er. Der Bruder lud ihn zum Geburtstag ein - und der Jüngere, Sebastian, war natürlich bei der Kinderparty dabei.
Das wäre also die Geburtsstunde gewesen, der Augenblick, in dem sie das ganz große Ding verabredeten? Nein, sagt Tobias, „damals haben wir noch mit Matchbox-Autos gespielt“. Aber sie haben sich eben auch nicht aus dem Augen verloren und schließlich auf unterschiedlichen musikalischen Wegen in die Band gefunden, die bis heute mit dem erworbenen Pfund der Gesangsausbildung im ehrwürdigen Knabenchor wuchert. Da ist gar nichts geklaut - und alles erarbeitet. Vier der fünf Prinzen, neben Krumbiegel und Künzel auch Wolfgang Lenk und Henri Schmidt, waren Thomaner, Jens Sembdner stieß von der „Konkurrenz“, dem Dresdner Kreuzchor, dazu.
Die Musikerin und Produzentin Annette Humpe hat die Band 1990 auf den Weg geschickt, die Leipziger A-cappella-Formation mit den frechen Texten zu großartig arrangierten Liedern kam ganz schnell ganz oben an: „Küssen verboten“, „Alles nur geklaut“ oder „Du musst ein Schwein sein“ war in jedermanns Ohr und in aller Munde: Die Leute sangen die witzigen Gassenhauer begeistert mit.
Aber jede Platte ist eine neue Platte, heute kommt „Familienalbum“ in die Läden. Abgeklärter, ruhiger als frühere Scheiben. Sebastian Krumbiegel und Tobias Künzel gefällt sie. „Du musst sie erst mal selbst gut finden“, sagt Sebastian, „und das haben wir geschafft“. Worauf Tobias ergänzt, es wäre ja auch blöd, eine Platte zu machen und sie selber nicht zu mögen.
Heiter und entspannt wirken die beiden, aber das hat nichts Aufgesetztes, das man für den Pressetermin geübt haben könnte. Im Moment läuft alles bestens, mit dem Engagement in der Show „Sing meinen Song“ beim Privatsender Vox hat die Zeit der Ernte eine neue Qualität erreicht, Die Prinzen können sich schon ein bisschen königlich fühlen. Und die Band-Chemie stimmt offenbar. „Wir wissen, was wir aneinander haben“, stellt Sebastian fest. Kaum eine andere Band fällt ihm ein, die es ähnlich lange in gleicher Besetzung ausgehalten hat wie sie.
„Fanta Vier“, wirft Tobias ein, aber das war es dann wohl wirklich an Vergleichbarem. Allerdings sind die Alternativen für Mitglieder einer A-cappella-Band auch übersichtlich, wie er sagt. Wenn es Krisen gab war klar: Da müssen wir durch. „Sich in den Tiefen aneinanderklammern und die Höhen gemeinsam genießen“ formuliert Tobias als Erfolgsrezept der Pop-Gruppe, die sich ohne Scheu dazu bekennt, eben das zu sein: eine Popband.
Nach dem Hype der 1990er Jahre haben sich die Prinzen immer neu aufgestellt, haben den Stecker gezogen und wieder akustisch gearbeitet, auch mit dem alten Material. Und beharrlich neue Platten herausgebracht. Das Publikum ist der Band treu geblieben, viele Fans der ersten Tage bringen jetzt schon ihre Kinder mit in die Konzerte.
„Es geht auch darum, dass du selbst bei Laune bleibst und nicht gelangweilt bist von deinen Sachen“, sagt Sebastian. Das „Familienalbum“ ist so gut gelaunt, wie sie es selber gerade sind. Und abgeklärt? Vielleicht auch das. „Mit 50 bist du natürlich erwachsener als mit 25“, sagt Tobias. Und er findet es gut, sich seiner selbst nun sicher zu sein: „Ich weiß, was ich will und kann. Und was ich nicht kann.“
Sebastian bestätigt das: „Du kannst nur liefern, was du selber empfindest“, sagt er. Und dass sie nicht wie junge Leute klingen wollen. „Es wäre doch komisch, liefen wir heute noch mit rotgefärbten Haaren und Leggins durch die Gegend. Da wären wir ein Abziehbild unserer selbst.“
In der Gefahr sind Die Prinzen erkennbar nicht. Sie haben Humor und Gelassenheit, Sebastian zitiert einen Spruch, der kursiert und der ihrer Marke alle Ehre macht: „Über die Prinzen kannst du sagen was du willst. Aber singen könn’se.“
Gelernt ist eben gelernt, die Musiker sind dankbar für das, was sie einst im Chor bei den täglichen zwei Stunden Bach-Gesang mitgenommen haben. Vielleicht rührt auch ihre klare Haltung im Politischen schon von daher. Popmusik ist nicht nur Herz, Schmerz und Tralala, findet Sebastian. Rio Reiser und Udo Lindenberg führt er als Zeugen an. Und am Ende gibt es noch eine breite Brust für seine Heimatstadt Leipzig: Als dort Legida zum Marsch blasen wollte, „standen eben 30.000 Leute dagegen“. Ganz bei sich und deshalb nah am Publikum zu sein - so einfach ist es, will man im Popgeschäft erfolgreich bleiben. Man muss es eben nur können. (mz)
Die Prinzen präsentieren am 4., 5. und 6. Juni, jeweils um 20 Uhr, ihr „Familienalbum“ und alte Hits in der Oper Leipzig. Am 4. Juni sind als Gäste Xavier Naidoo und Andreas Bourani dabei, mit denen Die Prinzen derzeit in der Vox-Show „Sing meinen Song“ zu sehen sind. Karten für das Konzert am 4. Juni:
0341/12 61 261 (Mo–Sa 10– 19 Uhr) oder im Internet: www.oper-leipzig.de
