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Frontmann der Punkband Feeling B Frontmann der Punkband Feeling B: Einblick ins Leben des Aljoscha Rompe

Von kai agthe 27.11.2015, 07:32
Definitiv nicht artig: Feeling B 1986 im Ost-Berliner Duncker-Club. Zu sehen sind drei der damals fünf Akteure: Sänger Aljoscha Rompe (r.), Bassist Christoph Zimmermann und Gitarrist Paul Landers (hinten).
Definitiv nicht artig: Feeling B 1986 im Ost-Berliner Duncker-Club. Zu sehen sind drei der damals fünf Akteure: Sänger Aljoscha Rompe (r.), Bassist Christoph Zimmermann und Gitarrist Paul Landers (hinten). ostkreuz/harald hauswald Lizenz

Halle (Saale) - Für das Lied „Mix mir einen Drink“ hatte die Punkband Feeling B bei Konzerten eine spezielle Choreografie. Zu dem sich langsam steigernden Stück, bei dem Sänger Aljoscha Rompe die Phrase „Mix mir einen Drink, der mich woanders hinbringt“ krächzte, gehörte ein quietschbuntes Wassergewehr für Kinder, mit dem den Fans am Bühnenrand Tequila-Slammer direkt in den Mund serviert wurde. Bei dem Cocktail handelte es sich um einen tückischen Mix aus Tequila und Sekt. Mit diesem Drink konnte man in der Tat schnell woanders hinkommen.

Im November vor 15 Jahren starb Rompe 53-jährig: erstickt bei einem Asthma-Anfall. Er lebte zu dieser Zeit in einem Wohnwagen, nachdem ihn der Eigentümer des Hauses im Prenzlauer Berg, wo er gewohnt hatte, aufgrund bevorstehender Sanierung vor die Tür gesetzt hatte. Es war ein einsamer Tod für einen Menschen wie Rompe, der Geselligkeit liebte. Seine Kollegen von Feeling B sorgten da bereits als Mitglieder von Rammstein für Furore. Paul Landers (Gitarre) und Christian „Flake“ Lorenz (Keyboard) und Schlagzeuger Christoph Schneider, der erst 1990 zu Feeling B gestoßen war, stiegen 1993 bei den Brachialrockern ein.

Eine Entwicklung, die Rompe mitzugehen sich weigerte. Ruhm und Anerkennung galten ihm wenig, Partys umso mehr. „Wir waren nie wütend. Wir fanden nichts doof. Wir fanden alles gut, wir hatten Spaß“, erinnerte sich der heutige Rammstein-Keyboarder Lorenz 2008 an seine Zeit bei Feeling B.

Erstes Album einer DDR-Punkband

1983 von Rompe gegründet, gehörte Feeling B zu den sogenannten „anderen Bands“. 1989 bekam die Formation die Chance, bei der staatlichen Plattenfirma Amiga eine Langspielplatte zu veröffentlichen. Dem Tonmeister soll Hören und Sehen vergangen sein, als die Combo im Studio einfiel, in dem zuvor DDR-Barde Roland Neudert brav Schlager geträllert hatte. „Hea Hoa Hoa Hoa Hea Hoa Hea“, so der Titel, war die erste Scheibe einer DDR-Punkband überhaupt.

Zu der wäre es nicht gekommen, wenn sich Feeling B, wiewohl widerwillig, durch die Konzert- und Gastspieldirektion der DDR nicht hätte einstufen lassen. Diese Lizenzierung war die Voraussetzung, um öffentlich auftreten und Tonaufnahmen machen zu dürfen. „Und ohne Einstufung hätten wir nur in Kirchen spielen können. Wir waren aber eine Partyband“, so Lorenz. Inhaltlich musste Feeling B auf dem Album, dessen Cover das grün-weiße Piktogramm eines Notausgangs zierte, keine Zugeständnisse mehr machen. Die Stücke waren jene Spottlieder, die bei Feeling-B-Konzerten gespielt wurden: „Frusti, mach’s gut“, „Ohne Bewusstsein“ und „Alles ist so unheimlich dufte“. Sogar „Mix mir einen Drink“ war auf der Platte enthalten, bei der man sich noch heute fragen würde, wie dergleichen 1989 überhaupt ohne kulturpolitische Beanstandung in Vinyl gepresst werden konnte, wenn man nicht wüsste, dass die Aufnahmen bis in die Wende-Zeit hineingereicht hatten.

Spaß steht im Vordergrund

Man erinnere sich: Sandows Amiga-Album „Stationen einer Sucht“ wurde noch 1989 nach Intervention des DDR-Kulturministers auf Eis gelegt, weil sich die Band weigerte, auf die Veröffentlichung ihrer ironischen DDR-Hymne „Born in the GDR“ zu verzichten. Sandow aus Cottbus waren und sind ernsthafte Arbeiter am Text und an der Musik. Bei Feeling B stand immer der Spaß im Vordergrund, was sich in Liedern wie „Artig“ bekundete: „Wir woll’n immer artig sein, denn nur so hat man uns gerne“, heißt es dort. Die zum Stück gehörenden Lautmalerei gaben auch der LP den Namen: „Hea Hoa Hoa Hoa Hea Hoa Hea.“ Das kann nachgehört werden. Wer Feeling B sehen möchte, sei auf den Dokumentarfilm „Flüstern und Schreien“ (1988) verwiesen, in dem die Kapelle neben Sandow, Silly und Chicoree zu erleben ist.

Im Gegensatz zu anderen Bands im Land der begrenzten Unmöglichkeiten musste sich Feeling B nicht um die musikalische Ausrüstung sorgen: Als Sohn einer aus der Schweiz stammenden Mutter besaß Aljoscha Rompe die Staatsbürgerschaft der DDR und ab 1980 auch die der Eidgenossenschaft, was ihn in die Lage versetzte, problemlos in den Westen reisen zu können. Und so nutzte er seine Ausflüge nach West-Berlin vor allem, um Equipment für seine Band zu kaufen.

Rompe, dessen Mutter kurz vor seiner Geburt 1947 in die DDR übergesiedelt war, gehörte zur DDR-Nomenklatura. Sein Stiefvater Robert Rompe (1905-1993) war Physiker, der bis 1970 das Zentralinstitut für Elektronenphysik der Akademie der Wissenschaften der DDR leitete und seit 1958 Mitglied des SED-Zentralkomitees war. Auch sein Stiefsohn studierte Physik, brach das Studium jedoch ab. Aus dem Bürger Arthur Alexander Rompe wurde der Punk Aljoscha.

Immer unter Beobachtung

Dieser Lebenswandel blieb in der DDR naturgemäß nicht unbeobachtet: Zwischen 1972 und 1989 wurde er von der Staatssicherheit überwacht. Es soll auch immer wieder Versuche seitens des Mielke-Ministeriums gegeben haben, ihn als Inoffiziellen Mitarbeiter zu gewinnen. Doch Rompe, der nichts zu verlieren hatte, weigerte sich. Auch nach 1990 blieb er in seiner Nische. So betrieb der Musiker fünf Jahre den Piratensender Radio P von wechselnden Orten in Berlin aus. Nein, Aljoscha Rompe wollte gewiss niemals artig sein.

Im Rückblick zeigt sich, dass es die DDR war, die Feeling B zusammenhielt: weil sich die Band an diesem seltsamen Land und seinen Sittenwächtern abarbeiten konnte. Als die bürokratische Republik weg war, fehlte die Reibefläche, an der sich die Energie der Formation entzünden konnte. „Ich habe die DDR sehr geliebt, mit ihren Eigenheiten. Als sie weg war, war ich schon traurig. Irgendwie“, sagte Lorenz. Es hätte auch ein Zitat von Aljoscha Rompe sein können. (mz)