Fritzi Haberlandt Fritzi Haberlandt: «Geschichten erzählen, das ist das große Glück»

Hamburg/dpa. - Es ist nicht leicht, Fritzi Haberlandt zu beschreiben. «Göre? Sphinx? Unschuld aus Köpenick?», fragte «Die Zeit». Und auch Fritzi Haberlandt selbst tut sich schwer: «Das ist alles in mir drin», meint die 28-Jährige und gestikuliert wild mit den Händen. «Manchmal bin ich das Mädchen, das berlinert und lustig ist, dann bin ich aber auch manchmal ernsthaft und traurig und allein zu Hause. Das gehört alles zu mir», erzählt sie in einem wahnsinnigen Tempo. Auf jeden Fall ist die vielfach ausgezeichnete Schauspielerin ungewöhnlich ehrlich und offen. «Hi, ich bin die Fritzi!», sagt sie zur Begrüßung und streckt ihre zierliche Hand aus.
Zwei Mal wurde Fritzi Haberlandt zur Nachwuchsschauspielerin des Jahres gewählt. Seit 2000 gehört die gebürtige Ost-Berlinerin zum Ensemble des Hamburger Thalia Theaters. Auf der Bühne des «Theaters des Jahres» spielt sie junge, rebellische Frauen in den Thalheimer- Inszenierungen «Liliom», «Liebelei» und «Woyzeck». Am 28. Februar hat Wedekinds «Lulu» Premiere - Regie führt wieder Michael Thalheimer. Auch auf der Leinwand hat die schlaksige junge Frau mit den langen Armen und Beinen bereits überzeugt. Für «Kalt ist der Abendhauch» erhielt sie den Bayerischen Filmpreis. Nach der Komödie «Liegen lernen» ist sie nun als Blinde in Lars Büchels neuem Kinofilm «Erbsen auf halb 6» zu sehen (Kinostart 4. März).
Eigentlich wollte sie Lehrerin werden. Doch dann nahmen ihre Eltern sie als Teenager mit ins Theater. «Das ist es, was ich machen will», habe sie sich damals gedacht. In der ersten Theatergruppe spielte sie noch in Berlin, kurz nach der Wende. 1991 zogen ihre Eltern nach Hamburg, hier engagierte sie sich als Schülerin beim «Thalia-Treffpunkt». «Die Leute, die da arbeiten, kenne ich immer noch und jetzt bin ich selbst am Thalia, das ist schon toll», schwärmt die Schauspielerin. Für sie hat sich ein Kreis geschlossen. «Ich habe das Gefühl, angekommen zu sein.» Und hier ist der Ort, an dem sie sich ausprobieren kann: «Das finde ich total spannend: An dem einen Abend kann ich so sein und am anderen bin ich so. Und es hat immer mit mir zu tun.»
Die Umstellung von Ost nach West fiel ihr nicht leicht. «Wenn man in dieser Umbruchphase gelebt hat, wollte man schon die Welt verändern», sagt sie heute. In einem Vorort von Hamburg zählten jedoch andere Werte. «Hier ging's darum, wie man wirkt. Wie sieht man aus. Mir war das vorher nicht wichtig.» Diese Oberflächlichkeit stört sie auch heute noch. Deshalb ist ihr die Schauspielerei so wichtig. «Das ist so eine Nische, wo man noch wirklich an was glaubt. Ich habe was gefunden, wo ich mir selbst und meinen Werten treu bleiben kann. Wo ich das Gefühl habe, ich glaub' an was und habe eine Illusion und ein Ideal, und das ist mir auch wichtig.»
«Geschichten erzählen, das ist das große Glück», meint Fritzi Haberlandt. So wie die Geschichte von Lilly und Jakob in «Erbsen auf halb 6». Jakob (Hilmir Snaer Gudnason), ein erfolgreicher Theaterregisseur, verliert bei einem Autounfall sein Augenlicht und damit jegliche Lebensperspektive. Lilly, die von Geburt an blind ist, versucht, ihm seinen Lebensmut zurückzugeben. «Das ist eine sehr ungewöhnliche Geschichte, sehr spannend, sehr berührend», sagt die 28-Jährige. Dadurch, dass die beiden Hauptdarsteller nicht sehen können, tritt alles, was sonst wichtig scheint, in den Hintergrund: Aussehen, Status, Wohlstand. Und rückt das in den Vordergrund, was wirklich zählt: Liebe, Freundschaft, Abenteuer.