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Friedrich Matthisson Friedrich Matthisson: Der Mann, der Goethes Verse verbesserte

12.09.2011, 17:41

DESSAU/MZ/CEG. - Dreizehn Referenten, zwei Konferenztage und nur eine Person, der alle Vorträge galten: So etwas war dem vor 250 Jahren im Magdeburgischen geborenen und 1831 in Wörlitz gestorbenen Dichter Friedrich von Matthisson noch nie beschert worden - einem der um 1800 meistgelesenen Dichter überhaupt.

Die von der Dessau-Wörlitz-Kommission dem Engagement des Schriftstellers in den "literarisch-kulturellen Netzwerken seiner Zeit" gewidmete Tagung war also die erste wissenschaftliche Matthisson-Konferenz überhaupt. Und so war es zwangsläufig eine besondere Situation, die das Publikum von Freitag an im Schloss Georgium erwartete. Weil von einer Matthisson-Forschung bislang ernsthaft keine Rede sein konnte, wurde Vortrag für Vortrag Neuland betreten. Kein Beitrag, der nicht mit mindestens zwei, drei verblüffenden Erkenntnissen aufwartete. Am Ende der Tage sah denn auch der Dichter, der doch eher regionalhistorisch-heimatkundlich betrachtet wurde, etwas anders aus.

Kenntlich wurde ein im Ästhetischen mustergültiger, aber nicht musterschülerhafter Autor, durchaus ein Mann der ästhetischen Innovation. Ein Dichter, der als Herausgeber - und immer finanzieller Profiteur - die ihm anvertrauten Werke rücksichtslos "verschönerte". Nicht nur die Verse oder Zeilen seiner Freunde; auch vor den Gedichten Goethes machte Matthisson nicht halt. Die von ihm herausgegebene "Lyrische Anthologie" ist auch ein Matthisson-Werk.

Bei aller Zartheit seiner empfindsamen Verse, zeigte Matthisson als Künstler ein robustes Naturell mit durchaus autoritären Zügen. Immer wusste er genau, was er wofür tat. Beziehungen nutzte er, um voranzukommen: zuerst auf dem Freimaurer- und Hofmeisterticket, das ihn aus dem Dessauer Philanthropin heraus in die deutschen Adelskreise trug. Schließlich auch nach Wörlitz, wo der Dichter von 1795 an bis 1811 als Gesellschafter der Fürstin Louise diente, die er poetisch-privat als "Albina", poetisch-offiziös als "Elektra" anschrieb; das als "Seelenfreundschaft" inszenierte Verhältnis aber war von spätestens 1805 an zerrüttet. Ohnehin stand seit 1809 ein Posten am Königshof in Stuttgart in Aussicht.

Weltanschaulich blieb Matthisson ein Mann der Aufklärung: Das belegt der Bericht-Charakter seiner "Erinnerungen", auch der klassizistische Gestus seiner Arbeiten. Verse, die ja vergessen sein mögen, die aber in den Vertonungen lebendig und somit auf der Höhe jeder Zeit bleiben. Ein Dichter, der mit seiner Anrufung von Seen und Weihern als "poetischer Spezialist für das stehende Binnengewässer" (Oliver Müller) gelten darf. Was den Leiter der Dessauer Abteilung des Landeshauptarchivs, Andreas Erb, zu dem Bonmot hinriss: Jetzt habe uns die Tagung einen "Tümpel-Friedrich" beschert. Im Jahr 2013 erscheint der Aufsatzband im Mitteldeutschen Verlag. FOTO: ARCHIV

Zum Abschluss der Ausstellung im Dessauer Johannbau "Dichter im Gartenreich. Friedrich von Matthisson und seine Zeit" findet am Sonntag, 18. September, um 15 Uhr eine letzte öffentliche Führung statt.