Frida Kahlo Frida Kahlo: Eine «visuelle Biografie» in der Tate Modern

London/dpa. - Die Tate Modern hat weit mehr als die Hälfte des Gesamtwerks derKünstlerin aus Galerien und Privatsammlungen in Mexiko sowie aus US-Museen nach London gebracht. Darunter sind neben den zahlreichenSelbstporträts auch Aquarelle, Zeichnungen und Stillleben. 51 Jahrenach ihrem Tod sei Kahlo, Tochter einer mexikanischen Mutter undeines deutschen Emigranten, zu einer international berühmtenKultfigur geworden, so Tate-Kuratorin Emma Dexter. Die Ausstellungkommt, wie die «Times» schrieb, einer «visuellen Biografie» derKünstlerin gleich.
Kahlo, deren Kindheit und Jugend in Mexiko von tief greifendensozialen und kulturellen Veränderungen gekennzeichnet war, hatteeigentlich Medizin studieren wollen. Schon als Kind litt sie an Poliound war schwer behindert. Schlagartig veränderte sich ihr Leben 1925,als ein Schulbus, in dem die 18-jährige Kahlo saß, mit einerStraßenbahn zusammenstieß. Ein dreifach gebrochenes Rückgrat, schwereBecken-und Beinverletzungen waren die Folge.
Das Trauma des einschneidenden Unglücks hielt Kahlo in derZeichnung «Accident» (1926) fest. Darin schaut «ein anderes Ich» -ein Abbild der gesunden Kahlo - auf die auf einer Krankentrageliegende Schülerin herab. Das spätere Selbstporträt «The BrokenColumn» (1944) gibt eindringliches Zeugnis von den Auswirkungen desUnglücks auf Kahlos Leben. Weitere Höhepunkte der Ausstellung sinddie Selbstporträts «Two Fridas» (1939) und «Self-portrait withMonkey» (1938). «Ich habe mich selbst gemalt, weil ich so oft alleinewar», sagte Kahlo einmal.
Durch lange Krankenhausaufenthalte kam Kahlo zum Malen, weil sieso «gelangweilt» war. Ihre surrealistisch beeinflussten Werke sinddurchweg von der Liebe zur Heimat Mexiko und der Auseinandersetzungmit Krankheit, Sterblichkeit, Liebe und Tod bestimmt. 1929 heirateteKahlo gegen den Willen ihrer Eltern den Maler und Kommunisten DiegoRivera und trat selbst der Kommunistischen Partei bei. NachSeitensprüngen beider Ehepartner - so hatte Frida Kahlo 1937 eineAffäre mit dem von ihr im Exil beherbergten russischen RevolutionärLeon Trotzki - ließ sich Kahlo 1939 von Rivera scheiden. Ein Jahrspäter heirateten sie wieder.
Mit Rivera lebte Kahlo in den 30er Jahren vier Jahre lang in denUSA. Aus dieser Zeit stammen Bilder wie «My Dress hangs there» und«Independence Day», in denen die Künstlerin die Sehnsucht nach derHeimat mit analytisch-sarkastischer Kritik an den ökonomischen,politischen und sozialen Verhältnissen in den USA vermischt. «DieErde für mich ist Mexiko», sagte sie einmal.
Auch in den USA hatte Kahlo ein persönlich einschneidendesErlebnis - eine Fehlgeburt im Krankenhaus von Detroit mit fasttödlichem Ausgang für die Künstlerin. Sie hält das Trauma in demÖlgemälde «Henry Ford Hospital» (1932) auf einzigartige Weise fest.Über dem Bett der in einer Blutlache liegenden Schwangeren hängensymbolische Objekte in Form von Fötus, Uterus und einer Schnecke, diedie unerträglichliche Langsamkeit der Fehlgeburt demonstrieren soll.Das ebenfalls 1932 entstandene Ölgemälde «My Birth» zeigt dieGebärende «wie eine Leiche» mit einem von einem Bettlaken verhülltenKopf. «Die Art und Weise, in der Kahlo sich mit physischem undemotionalem Schmerz auseinander setzte, ist bis heute einmaliggeblieben», sagte Dexter.