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Freddy Quinn Freddy Quinn: Heimweh-Troubadour wird 75 Jahre alt

Von Dorit Koch 26.09.2006, 10:41
Der Sänger und Schauspieler Freddy Quinn posiert in Bad Segeberg im Kostüm eines Zirkusdirektors. (Foto: dpa)
Der Sänger und Schauspieler Freddy Quinn posiert in Bad Segeberg im Kostüm eines Zirkusdirektors. (Foto: dpa) dpa

Hamburg/dpa. - Das Image vom einsamen Seebären mit der rauchigen Stimme mag Freddy Quinn nicht. «Ich habe kein Markenzeichen, und ichhasse die Schublade», betont der in Hamburg lebende Künstler seit langem. Doch es ist genau das Bild, das sich in die Herzen vieler Fans eingebrannt hat: Freddy, der Fern- und Heimweh-Troubadour, dermit seinen Liedern Klassiker geschaffen hat. Bis heute verbindenMillionen Menschen den Namen mit Sehnsucht und Seefahrerromantik.Deshalb wird an diesem Mittwoch (27. September) wohl wieder vor allemdie Erinnerung an den ewigen Seemann mit der Gitarre wach werden -dann feiert der Sänger, Schauspieler, Artist und Entertainer seinen75. Geburtstag. Eine Legende ist er schon längst, denn der gebürtigeÖsterreicher war einst Deutschlands Superstar.

In Liedern wie «Junge, komm bald wieder» oder «Heimweh» («Brennendheißer Wüstensand») sang er von Abschied und Heimkehr - und damit denMenschen in der Nachkriegszeit aus der Seele. Wie kein anderer weckteer in den 50er Jahren die Sehnsucht nach fremden Häfen und besang dieEinsamkeit an Orten fern von Daheim. Dabei ist ausgerechnet der Mann,der so perfekt dem Idealbild des Hamburger Seemanns entsprach, wederjemals richtig zur See gefahren, noch in der Hafenstadt aufgewachsen.Doch seine melancholischen Lieder trafen den Nerv der Zeit, Freddy,wie ihn seine Fans nennen, landete zahlreiche Nummer-Eins-Hits. Undseine Plattenfirma pflegte das Klischee des singenden Seemanns.

Weit weg von Hafen und Meer, in Wien, kam er 1931 als Sohn einerJournalistin und eines Kaufmanns irischer Abstammung auf die Welt.«Wien ist für einen Möchtegern-Hanseaten wie ein "Geburtsfehler".Aber zumindest wurde ich in Hamburg gezeugt», sagte er einmal. 1951hatte es den jungen Österreicher in die Hansestadt verschlagen. ZurSee gefahren sei er aber «nie so richtig, auch wenn es von meinerPlattenfirma so propagiert wurde», betonte der Musiker später. TV-Regisseur Jürgen Roland («Stahlnetz», «Großstadtrevier») entdeckteden Sänger und machte mit ihm Aufnahmen in der «Washington Bar». FürQuinn begann bald darauf eine «neue Zeitrechnung», denn erunterschrieb seinen ersten Plattenvertrag.

Doch bevor Manfred «Freddy» Quinn als gut aussehender undsehnsuchtsvoll singender Showstar seinen Triumphzug vom Hafen- undAmüsierviertel St. Pauli aus starten konnte, musste er schon infrühen Jahren Kämpferherz beweisen. Nach der Scheidung seiner Elternlebte er zeitweise beim Vater in Amerika, bis ihn die Mutter wiedernach Wien zurückholte. Konflikte mit dem Stiefvater, dessen Nachnamen«von Petz» er annehmen musste (später legte er sich wieder den Namenseines Vaters zu), trieben den Jungen immer wieder zur Flucht. DieSchule brach er ab, fing bei einem kleinen Zirkus als Kapellmeisteran, floh ins Ausland und ging auf Wanderschaft - bis er schließlichauf der Hamburger Reeperbahn ankam.

Mehr als fünf Jahrzehnte im Showgeschäft liegen hinter dem Mann,der sich immer als Einzelkämpfer sah und sein Privatleben hermetischvor der Öffentlichkeit verriegelt. Als Sänger landete er zahlreicheHits und heimste Trophäen ein, als Schauspieler stand er vor derKamera («Die Gitarre und das Meer») ebenso wie auf der Bühne(«Heimweh nach St. Pauli»), als Artist zog es ihn immer wieder in dieManege zurück - mal balancierte er ungesichert über Hochseile, maltrat er mit Raubtieren im Käfig auf. Erst vor wenigen Tagen drehteder NDR mit dem Jubilar eine Sendung im Circus Krone.

Einer der unangenehmsten Momente im Leben des Showstars liegtallerdings noch nicht lange zurück. Vor zwei Jahren verurteilte ihndas Hamburger Landgericht wegen einer Steuerhinterziehung von 900 000Euro zu einer Bewährungsstrafe und 150 000 Euro Geldbuße. Er habeseinen Hauptwohnsitz jahrelang in der Schweiz gehabt, die meiste Zeitaber bei seiner Partnerin Lilli Blessmann in Hamburg gelebt. UnterTränen zeigte er Reue und sagte nach dem Prozess: «Ich hoffe, dassmeine Fans mir verzeihen.» Der Künstler selbst verriet einmal, dasser seine ganze Laufbahn «minutiös schildern» könne. Unangenehme Dingevergesse er jedoch - «das ist eine Gnade».dpa ko yyno mö/ia 260130 Sep 06