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Frankreich Frankreich: Populäre bunte Strichmännchen

Von Sabine Glaubitz 26.02.2008, 08:17
Ein Gemälde (ohne Titel) aus dem Jahr 1982 des US-Künstlers Keith Haring. (Foto: dpa)
Ein Gemälde (ohne Titel) aus dem Jahr 1982 des US-Künstlers Keith Haring. (Foto: dpa) Estate of keith haring

Lyon/dpa. - Unter dem Titel «Keith Haring» zeigtdas Museum für zeitgenössische Kunst in Lyon 280 Werke desAmerikaners, der einer der populärsten Künstler der Gegenwart ist.Haring wäre am 4. Mai 50 Jahre alt geworden. Er starb am 16. Februar1990 im Alter von nur 31 Jahren an der Immunschwächekrankheit Aids.In nur zehn Jahren hinterließ er Tausende seiner Strichmännchenwerke,mit denen er in den 80er Jahren seinen künstlerischen Durchbruchschaffte. Die Ausstellung ist bis zum 29. Juni zu sehen.

Der Maler, Zeichner und Bildhauer bemalte 1980 erst die Gänge undPlakatwände der New Yorker Subway mit seinen vielen lustigenUmrissfiguren, bevor diese zwei Jahre später in den ersten New YorkerGalerien gezeigt und bereits 1984 in Tokio, London und Kölnausgestellt wurden. Sein Gesamtwerk wurde stark durch die Graffiti-Kunst inspiriert. «Ich hatte zu Beginn der 80er Jahren seineBedeutung unterschätzt. Danach rissen sich alle um ihn. Ich bin froh,dass ich mein Versäumnis in diesem Jahr, seinem Geburtstagsjahr,nachholen kann», sagte der Leiter des Museums, Thierry Raspail.

Auf drei Stockwerke verteilt entdeckt der Besucher die von Haringzu Logos stilisierten Hunde und Babys, die Teil unserer Bildkulturgeworden sind. Aber auch seine homoerotischen Motive und seinepolitisch und sozial geprägten Werke, die Gewalt und Rassismusanprangern, sind zu sehen. So ist auf vielen Tuschezeichnungen einWeißer zu erkennen, der mit einem Stock auf einen Schwarzeneinschlägt. Als 1988 sein Künstlerfreund Basquiat an einer Überdosisan Drogen stirbt, entwirft er das Acrylgemälde «A pile of crowns forJean-Michel Basquiat». Ein riesiges Dreieck, das mit seiner rotenUmrandung an ein Warndreieck erinnert, in dem ein Haufenaufeinandergestapelter Kronen in sich zusammenzufallen scheint.

Haring arbeitete gern und viel mit Kindern und setzte sich sehrfür die Aids-Aufklärung ein. Er ließ seine Männchen, Hunde und Babysüber riesige Wände purzeln, sie zieren noch heute zahlreiche Fassadenvon Krankenhäusern und Bürokomplexen. Mit seinen comicartigen Figurenund Piktogrammen bemalte er 1986 auch die Berliner Mauer, Autos undden makellosen Körper von Grace Jones, Model, Sängerin undSchauspielerin. Auch wenn viele Symbole und Werke eine Grundstimmungvon Optimismus und Lebensfreunde zum Ausdruck bringen, steckt hinterihnen eine tiefe Bedeutung: Der Hund verkörpert das Tierische imMenschen, die Pyramide das Geheimnisvolle, das rote Kreuz den Tod,das grüne Kreuz das Leben und die durchlöcherten Körper spielen aufden Mord an dem Beatle-Sänger John Lennon an.

«Keith war ein Mensch voller Lebensfreude, denn er hatte seinenTraum erreicht. Malen so viel er konnte, für so viel Menschen wiemöglich und so lange wie möglich», erzählte Julia Gruen, seinefrühere Assistentin, Freundin und jetzige Leiterin der 1989gegründeten Keith Haring-Stiftung, die sich bis heute für wohltätigeZwecke einsetzt.

Sein Konzept von universeller Kunst, die für jeden zugänglichsein sollte, fand in dem 1986 eröffneten «Pop Shop» seinen Höhepunkt:Ein Laden, der von der Decke bis zum Boden mit seinen Symbolen,Idolen und bunten Figuren bemalt war und in dem er seine Arbeiten aufT-Shirts und Spielzeugen gedruckt verkaufte. Haring löste die Grenzezwischen hoher Kunst und Popkultur auf. Seine Werke sind, so wie dieseines Künstlerfreundes Andy Warhols, Teil unserer Massenkulturgeworden.