Frankreich Frankreich: Actionheld und unverwüstlicher Draufgänger

Paris/dpa. - Sein breites Grinsen wirkt immer noch so überlegen wie damals, als er sich mit dem Daumen nachdenklich um seine wulstigen Lippen strich. Der Kultfilm «Außer Atem» (1960), in dem Jean-Paul Belmondo einen kleinen Gangster spielt, machte ihn über Nacht zum Filmstar. «Bebel», wie seine Fans ihn liebevoll nennen, wird am kommenden Mittwoch (9. April) 70 Jahre alt und kann auf eine atemlose Karriere und ein kampferprobtes Leben zurückblicken.
Belmondo, in Frankreich einer der beliebtesten Schauspieler, spielte in mehr als 74 Filmen, erlitt vor mehr als einem Jahr einen schweren Schlaganfall und hat vor wenigen Monaten zum zweiten Mal geheiratet - Natty, ein früheres «Cocogirl».
Sein Lächeln, seine Boxernase und sein Mut sind zu einem Markenzeichen Belmondos geworden. Als Bösewicht vom Dienst oder französischer Widerstandskämpfer, der in «Das As der Asse» Juden aus Hitlers Villa rettete, imponierte er durch seine Lust auf Risiko und spektakuläre Szenen. In über 70 Filmen kam Belmondo immer ohne Double aus - unerschrocken hing er am Hubschrauber, sprang über fahrende Züge oder erklomm den 320 Meter hohen Eiffeltum. Diese Lust auf gefährliche Situationen hat er auch seinem Sohn Paul, einem von drei Kindern aus seiner ersten Ehe mit der Tänzerin Elodie Constant (1954- 1966), vererbt: Paul war Formel-I-Pilot.
Regisseure wie François Truffaut, Louis Malle und Claude Sautet engagierten den jugendlichen Typ in engen Jeans und knapper Jacke. Mit Abenteuerfilmen wie «Cartouche» (1962) oder «Abenteuer in Rio» (1964) wechselte er zur kommerziell erfolgreicheren Actionkomödie. Bis in die 80er Jahre hinein drehte Belmondo viel und schnell - drei Filme pro Jahr waren keine Seltenheit. Nicht alle waren gut, doch von zahlreichen durchschnittlichen Streifen überlebten nach kurzer Zeit nur Titel wie «Der Boss» oder «Die Nummer eins bin ich».
Als seine Haare immer grauer wurden, suchte «Bebel» wieder mehr nach Charakterollen: «Ich will nicht der fliegenden Großvater des französischen Kinos werden.» Erst 1988 durchbrach er sein Image als reiner Actionheld. In Claude Lelouchs Aussteigermärchen «Der Löwe» spielte er einen millionenschweren Konzernchef, der seinen Tod auf hoher See inszeniert und eine neue Identität annimmt. Belmondo lehnte kaum Rollen ab, bis auf eine Ausnahme: Angebote aus Hollywood schlug er stets aus: «In Frankreich ist der Film noch Handwerk, in den USA hat er eine Industrie.»
Belmondo wurde in dem eleganten Pariser Vorort Neuilly-sur-Seine geboren. Sein Vater Paul, dessen Familie aus Sizilien stammte, war ein bekannter Bildhauer. Eigentlich wollte Jean-Paul in die Fußstapfen des Vaters treten, doch das Schicksal wollte es anders: Nach einem Zwischenspiel als Berufsboxer ging er schließlich zum Theater. Er tingelte mit ebenfalls später berühmten Künstlern wie Annie Girardot und Guy Bedos durch die französische Provinz. Nach mehrjährigem Wandertheater entschloss er sich jedoch für eine weitere Ausbildung am Pariser Konservatorium für Schauspielerei.
Nach mehr als 20 Jahren Abstinenz kehrte «Bebel» wieder zu seinen Anfängen zurück. In der Rolle des Kean in dem gleichnamigen Roman von Jean-Paul Sartre feierte er sein überraschendes Comeback auf der Bühne. Großes Lob erhielt er auch 1989 mit «Cyrano de Bergerac». Doch der Ruf an die Comedie française, die französische Staatsbühne, erfolgte nicht. Seinen Jugendtraum gab er dennoch nicht auf: 1991 erwarb er das altehrwürdige goldverschnörkelte Pariser Théâtre des Variétés am Boulevard de Montmartre. Selbst trat er in seinem eigenen Haus erstmals 1996 auf, in Georges Feydeaus Schwank «Puce à l'oreille» (Argwohn) - als Frauenheld und dessen Doppelgänger.
Belmondos internationale Karriere begann zwar auf der Leinwand, doch seine große Liebe gilt dem Theater, wo er seine Karriere auch am liebsten beenden würde: «Mein Ideal ist es, auf den Brettern zu sterben.» Im November 1999 erlitt er in der westfranzösischen Stadt Brest auf der Bühne einen Herzinfarkt. Er spielte die Hauptrolle in «Frédérick ou le Boulevard du Crime» (etwa: Frédérick oder die Straße des Verbrechens).