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Frankfurt Frankfurt: «Körperwelten der Tiere» eröffnet

Von Stefan Höhle 15.10.2011, 09:57
Ein plastinierter Hai, dessen Blutgefäße zu sehen sind, steht in Frankfurt am Main vor Beginn der Ausstellung «Körperwelten der Tiere» in der Wolfgang-Steubing-Halle des Senckenberg Naturmuseums. (FOTO: DPA)
Ein plastinierter Hai, dessen Blutgefäße zu sehen sind, steht in Frankfurt am Main vor Beginn der Ausstellung «Körperwelten der Tiere» in der Wolfgang-Steubing-Halle des Senckenberg Naturmuseums. (FOTO: DPA) dpa

Frankfurt/Main/dapd. - Plastinator Gunther von Hagens posiert imFrankfurter Senckenbergmuseum am Freitag mit seinem Hündchen auf demArm vor einem über drei Meter hohen Elefanten. Das kleine Haustierist lebendig, das riesige Rüsseltier hat das Team des 66-jährigenMediziners in 64.000 Arbeitsstunden und mit 40.000 Liter Azetonpräpariert. Der Elefant ist das Prachtstück der «Körperwelten derTiere», die als Sonderausstellung im Senckenberg ab Samstag (15.Oktober) zu sehen sind. «Die Qualität der Objekte ist extrem gut»,sagte der Leiter des Naturkundemuseum, Bernd Herkner, am Freitag.

Hagens Tier-Körperwelten waren zuvor bereits in den Zoos vonNeunkirchen (Saar) und Köln sowie in Mannheim und Wien zu sehen, mitder Ausstellung in Frankfurt hält die Ausstellung erstmals inDeutschland Einzug in eine naturwissenschaftliche Sammlung. In derWolfgang-Steubing-Halle steht die Elefantendame, sie hieß zuLebzeiten Samba, nun ohne Haut und innere Organe, zeigt aber rund40.000 Muskeln, zu deren kräftigsten Strängen die im Rüssel gehören.

In Plastik gegossene Evolutionsgeschichte

Ausgestellt werden über 20 Ganzkörperpräparate unter anderem vonGorilla, Bär, Strauß und Hai sowie rund 100 Einzelobjekte, daruntertierische Organe, Gebilde aus Gefäßen und scheibenförmigeGewebeausschnitte. «Verblüffend ist gerade bei den Säugetieren diegleichzeitige Ähnlichkeit und Andersartigkeit der Körperstrukturenund der Organe», erklärte Angelina Whalley, Kuratorin der Schau undHagens Ehefrau. Frankfurt sei ein denkbar geeigneterAusstellungsstandort. «Was die Natur in Milliarden Jahrenhervorgebracht hat, vermittelt kein Museum so anschaulich wie dasSenckenberg», befand die Medizinerin.

Hagens begann vor über 30 Jahren - nach seiner Zeit alsAssistenzarzt an der Inselklinik Helgoland - mit der Entwicklungseines Plastinationsverfahrens. Dabei werden Gewebe- undKörperflüssigkeiten wie Wasser und Blut durch eingeleitete, späteraushärtende Kunststoffe ersetzt und umliegendes Gewebe teilweisewegfermentiert. Hagens hat auch bei Fischen das Adern- undVenengeflecht sichtbar gemacht. «Wir sind glücklich, dass uns dasgelungen ist», sagte der umstrittene Wissenschaftler in Frankfurt.«Bei Kaltblütern sind die Gefäße sehr dünn.»

Trotz Parkinson täglich im Labor

Der Hai besteht nur aus blutroten Gefäßen mit noch leuchtenderenKiemen. Im Schaukasten liegt seine fast ein Meter lange Leberpräpariert darunter. «Haie haben keine Schwimmblase», erklärtKuratorin Whalley. «Sie benutzen ihre Leber, die sie je nachDurchblutung stark vergrößern oder verkleinern können.»Museumsleiter Herkner ist vom Anschauungswert der Plastinatebegeistert. «Die Objekte wurden beim Päparieren nicht zerpflügt,Details sehr zutreffend herausgearbeitet.» Das Museum werde sichbemühen, künftig ständig Plastinate zu zeigen, sagt der Biologe.

Trotz seiner inzwischen fortgeschrittenen Parkinson-Erkrankungstehe ihr Mann noch täglich im Labor, berichtet Whalley. Hagensspricht im Senckenberg langsam, aber flüssig. «Präparate inFormaldehyd unterliegen bei aller Wachsamkeit Veränderungen, nach200 Jahren spätestens ist das Objekt unbrauchbar», erläutert er. Der66-Jährige fügte in Frankfurt hinzu: «Unsere Anschauungsstücke sindfür die didaktische Ewigkeit entwickelt.»