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Francis Bacon Francis Bacon: Spannender Rundgang durch die Werkstatt des Maler-Stars

Von Stefanie Stadel 23.02.2001, 17:42

Den Haag/MZ. - Lumpen, Fotos, Illustrierte und ausgequetschte Tuben bedecken den Boden, Wände und Vorhänge sind mit Farbe verschmiert. Und mitten drin - Francis Bacon. Immer wieder lässt sich der Maler-Star im Chaos seines Ateliers fotografieren und inszeniert so sein Selbstbildnis: "So sieht es in meinem Inneren aus, mein Dasein ist wie dieses Durcheinander."

Aus Alkohol, Glücksspielen und homosexuellen Exzessen bastelt Bacon den eigenen Mythos, weitere Details seines Lebens lässt er bewusst im Dunkeln. Dem verschwiegenen Künstler widmet das niederländische Den Haag jetzt eine Übersichtsschau, die von der 1933 gemalten "Kreuzigung" bis zu den Großformaten der Spätphase reicht und immerhin knapp 50Arbeiten versammelt. In acht Sälen des Gemeentemuseums lauern sie von allen Seiten: Schreiende Päpste und gelähmte Kinder, deformierte Gesichter und verdrehte Körper scheinen gefangen in Liniengerüsten, die Käfigen aus Draht oder Glas gleichen. Doch belässt es die Retrospektive nicht bei diesen beängstigenden Szenarien. Sie stellt dem gemalten Grauen Fundstücke aus dem Londoner Atelier zur Seite.

Dass dort nicht nur wertloses Zeug herumlag, zeigte sich kurz nach Bacons Tod im Frühjahr 1992, als eine Gruppe von "Archäologen" wertvolle Quellen im Müll sicherte. Zeitungsfetzen, Ansichtskarten, Künstlermonographien, medizinische Lehrbücher und eigens angefertigte Porträtaufnahmen benutzte Bacon als Vorlagen für seine Bilder. Die Schau lässt diese Materialien einfließen und vermittelt so spannende Einblicke in die Arbeitsweise des Malers.

Mit ausgeprägter visueller Intelligenz entdeckte er Motive und vermischte unterschiedliche Vorlagen, auch Muster von Vorbildern wie Velázques oder van Gogh. Wichtigster Lehrmeister war ihm jedoch Pablo Picasso, an dessen Werk der 1909 in Dublin geborene Bacon zum Künstler reifte.

Einen kräftigen Karriere-Schub brachte Bacon 1962 die erste große Ausstellung in der Londoner Tate-Gallery, die den morbiden Außenseiter zum Meister der Moderne machte. Unbeeindruckt von Geld und Ruhm aber widmete sich der Maler in der Folge seinen Porträt-Arbeiten, die in der Schau in Den Haag eindrucksvoll vertreten sind. An die Stelle anonymer Figuren treten hier konkrete Modelle, wobei Bacon das Innerste nach außen wendet, häutet, verformt und zerfleischt. Bei solcher Drastik erstaunt es, dass bald immer mehr Leute sich von ihm malen lassen wollten. Doch der Künstler winkte ab - er könne nur Menschen porträtieren, die er gut kenne.

Auch die stilistische Kehrtwende, die der Künstler um 1980 riskiert, tut dem Ruhm keinen Abbruch. Zorn und Kampfspuren tilgt Bacon fortan, Perfektion, Konzentration und gespenstische Ebenmäßigkeit halten Einzug. Im Katalog zur großen Retrospektive 1985 in der Tate-Gallery bezeichnet deren Direktor Bacon als den "größten lebenden Maler". Trocken erwidert der: "Wenn man sich die anderen lebenden Maler betrachtet, gibt es schließlich kaum Konkurrenz".