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First Aid Kit: Schwestern-Duo aus Schweden

Von Julian Mieth 28.01.2010, 14:09

Hamburg/dpa. - Wie passt das zusammen: Schwedinnen im Holzfäller-Look, Stimmen, die bei Unterzwanzigjährigen verblüffen, und in jugendliche Euphorie verpackte Altersweisheiten.

Auch Klara und Johanna Söderberg haben darauf keine Antwort. Mit ihrem Folk-Album «The Big Black and The Blue» gelingt dem Schwestern-Duo First Aid Kit jedoch ein wunderbar verschrobenes Erstlingswerk.

In den elf instrumental reduzierten und auf ihre schönen Stimmen konzentrierten Songs sorgen sich die Söderbergs über verflossene Liebe, Moralvorstellungen und verlorene Weltbilder. All das klingt recht frühreif für zwei 16 und 19 Jahre alten Mädchen. Zu keiner Zeit wirkt das jedoch bemüht oder aufgesetzt.

Angefangen hat alles im Frühjahr 2007 mit einer Art Erweckungserlebnis: «Damals war ich zwölf Jahre alt und habe erstmals Musik von Leonard Cohen und Bright Eyes gehört. Dann war mir klar, dass ich Musik machen werde», sagt die blonde Klara. Der nicht minder musikbegeisterte Vater besorgte der Tochter die erste Gitarre, kurz darauf war mit der älteren Schwester Johanna die perfekte Gesangspartnerin gefunden.

Ein Jahr lang verbrachten die Mädchen mit Liederschreiben und nahmen wenig später erste spärlich instrumentierte Songs in Klaras Kinderzimmer auf - das geheimnisvolle, glockenspielbegleitete «Tangerine» schaffte es sogar ins Radio. 2008 folgte in Schweden das Kurzalbum «Drunken Trees». Über das Internet sangen sich die im Stockholmer Vorort Enskede aufgewachsenen Schwestern in die weite Welt hinaus. «Durch Myspace haben wir viele Leute erreicht», erzählt Johanna. «Ich habe täglich mehr als 300 Freunde ge-added (hinzugefügt).»

Große Aufmerksamkeit erreichten die Söderbergs mit einem auf Youtube gestellten Video: Klara und Johanna sitzen in karierten Holzfällerhemden inmitten eines Waldes und schmettern verschüchtert dreinschauend den Song «Tiger Mountain Peasant Song» von der US-Folkband Fleet Foxes. Binnen kürzester Zeit klickten sich mehr als eine Million User auf das Video.

Damit wurde die stilistische Stoßrichtung deutlich: First Aid Kit wollten durchaus klassischen Americana-Folk, nicht aber ohne ein Quäntchen modischer Hippie-Attitüde an den Tag zu legen. Außer Karohemden tragen die Schwestern gerne überlange Kleider der 60er und 70er Jahre. Vorbilder gibt es reichlich: Schon seit einigen Jahren wird das Genre von anderen seltsam gekleideten Gestalten wie Devendra Benhart oder Joanna Newsom erobert.

In erster Linie geht es First Aid Kit aber um Musik. Das auf ihrer Myspace-Seite proklamierte «We aim for the hearts, not the charts!» (Wir zielen auf die Herzen, nicht auf die Charts!) nimmt man ihnen gerne ab. Das erste Stück «In The Morning» ist ein beschwingt-fröhliches Duett und erinnert an alte Carter-Family-Aufnahmen. So fröhlich geht es jedoch nicht weiter: Schon im traurigen «Heavy Storm» geht jeder Glaube an eine heile Welt verloren: «I wish I could believe what they tell me (Ich wünschte, ich könnte glauben, was man mir erzählt)».

Bei allem Zauber der von Gitarrenklängen getragenen Stimmen überraschen vor allem die Texte der Mädchen. Es zeugt von erstaunlicher Reife, wenn sie etwa in dem von einem Harmonium begleiteten «Ghost Town» eine Klage über vergangene Jugendliebe anstimmen. Hier erinnert man sich gerne an Folk-Größen wie Neil Young.

Bei der Instrumentalisierung und bei den Aufnahmen unterstützt der Vater seine Töchter. «Er ist zwar unser Manager, aber im Studio hat er auch ein wenig Bass gespielt.» Zuletzt begleiteten die Schwestern die Tour der Indie-Band Port O'Brien. 2010 wollen First Aid Kit alleine auf der Bühne stehen - unter anderem auch in Deutschland und natürlich in Begleitung des Vaters.

www.myspace.com/thisisfirstaidkit

dpaq.de/firstaidkit