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Film über Klimakatastrophe Film über Klimakatastrophe: Hitze im Kopf muss es bringen

Von Andreas Montag 18.09.2007, 17:50

Unterweißbach/MZ. - Auch an der Talsperre Leibis-Lichte, einem gewaltigen Beton-Implantat, das ins Thüringer Schiefergebirge geklotzt worden ist und über dessen Sinn oder Unsinn Politiker und Umweltschützer zuvor erbittert gestritten haben. Die Politik hat gewonnen.

Jetzt ist die riesige Talsperre noch zu ganz anderen Ehren gekommen: Sie hat den Set, also den Drehort für einen 90minütigen Fernsehfilm mit dem Arbeitstitel "Die Hitzewelle" abgegeben, den der Privatsender Sat.1 im nächsten Jahr zeigen will. Thema: die Klimakatastrophe. Eine Jahrtausendhitzewelle, mehr als 40 Grad, hat Deutschland im Griff. Gesundheitswesen, Landwirtschaft - vor allem aber die Wasserversorgung sind in Gefahr.

Nun hat es freilich eine gewisse Ironie, wenn ausgerechnet der Kollaps unserer vertrauten Welt auf der Agenda steht, der reale Sommer aber ins Wasser fällt. Das bringt Verzug. Und dann sollen, so will es das Drehbuch, die Hauptdarsteller Susanna Simon und Johannes Brandrup auch noch in den See springen - was man sonst unter keinen Umständen darf. Danach mit nassen Haaren über die Staumauer laufen. Dabei erreicht das Wasser im See eine Temperatur von stolzen 15 Grad. Hier gelangen wir an Grenzgebiete, in denen Schauspieler zu Helden werden. Immerhin, die Sonne scheint an diesem Tag endlich wieder einmal milde über dem Lichtetal bei Unterweißbach, die modderige Schotterpiste zur Staumauer, hinter der fern das Partyzelt leuchtet, in dem die Filmcrew mit Nahrung versorgt wird, trocknet allmählich ab.

Im Übrigen - ein Motivationsproblem gibt es nicht, "man muss die Hitze eben im Kopf haben", sagt Susanna Simon. Die 39-jährige Berlinerin, in Alma Ata (Kasachstan) geboren und in Leipzig groß geworden, sagt freundliche Sätze wie "Ich mag den Dialekt hier, ich komme ja aus Sachsen." Selbst als Thüringer kann man diese eigentlich unverzeihliche Gleichsetzung durchgehen lassen, hört man die sympathische Frau anschließend das landestypische Rostbrätl samt knuspriger Zwiebeln in hohen Tönen preisen. Aber nicht deshalb sind sie ja hergekommen, es geht um einen Film, der das Umweltbewusstsein durch ein Katastrophenszenario schärfen soll, gewürzt mit einer jener dramatischen Liebesgeschichten, die auch bei Kriegs- und Unglücksfällen gut ankommen.

Natürlich wird es auch ein Unterhaltungsfilm, räumt Simons Kollege Johannes Brandrup (1967 in Frankfurt am Main geboren) ein. Brandrup spielt einen labilen Mann, dem die Verantwortung für seine Talsperre über den Kopf zu wachsen droht. Und dann ist da auch noch die Hydrologenkollegin, mit der er eine heiße Affäre hatte - nun kommt sie als Krisenmanagerin im Auftrag der Regierung zu ihm. Brandrup, der Vielbeschäftigte, inzwischen unterwegs zu seinem zwölften Film für Sat.1 und diesmal mit Jeanette Biedermann an der Seite, lobt das "wunderbare Set" und die gute Laune aller Beteiligten. Die ist nicht gespielt, soweit man sehen kann.

"Man hat das Gefühl, der Gesellschaft einen Dienst zu tun, wenn man dieses Gedankenspiel zu Ende denkt", sagt er und gabelt nebenher sein Mittagessen vom Teller. Schauspieler sind unkompliziert. Jedenfalls glaubt man das gern. "Man schafft ein Bewusstsein für diese Problematik." Susanna Simon sagt es schlichter: "Das Thema Klimaschutz beschäftigt immer mehr Menschen." Sie selbst auch. Und Kollegen Brandrup, der sich eine Wirtschaft wünscht, die "mehr auf Nachhaltigkeit orientiert" ist. Aber, sagt er, vielleicht sei der Leidensdruck bei den Menschen noch nicht groß genug. Auch deshalb das Gedankenspiel im Film. Und die personengebundenen Kaffeebecher in den Pausen. Kein Plastikmüll. Oder so gut wie keiner. Dafür Hybridautos am Set. Und Bahnreisen zum nächsten Drehort.

Sie findet das gut, sagt Susanna Simon. Beim Bahnfahren hat sie ihre Lust am Lesen neu entdeckt. Aber dann ruft erst einmal die Produktion. Auf geht's, ins kalte Wasser.