Auszeichnung Film über das Leben: „Sterben“ gewinnt Deutschen Filmpreis
Favorit „Sterben“ setzt sich beim Deutschen Filmpreis durch. Davor sorgt Holocaust-Überlebende Margot Friedländer für einen bewegenden Moment. Und Hanna Schygulla für Schmunzler.
Berlin - Anders als es der Titel vermuten lässt, ist es eigentlich ein Film über das Leben: Das dreistündige Drama „Sterben“ von Matthias Glasner ist beim Deutschen Filmpreis mit der Goldenen Lola als bester Spielfilm ausgezeichnet worden. Insgesamt gewann der Film über eine zerrüttete Familie, der bei der Verleihung mit neun Nominierungen als Favorit ins Rennen ging, am Freitagabend vier Auszeichnungen. Glasner zeigte sich sichtlich gerührt und leicht überrumpelt auf der Bühne. „Ich bin ganz schön durch den Wind, ehrlich gesagt.“
Für den bewegendsten Auftritt sorgte bei der großen Gala im Theater am Potsdamer Platz in Berlin aber eine 102-Jährige. „In diesem Raum sitzen ganz viele Geschichtenerzähler. Ihr habt die Verantwortung, die Kraft des Films zu nutzen, damit so etwas nie wieder passiert“, appellierte die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer an die Filmschaffenden, als sie auf die Bühne geführt wurde. „Ich bitte euch, mich zu unterstützen, dass die Geschichte sich nicht wiederholt.“ Für ihre Rede gab es im Publikum Standing Ovations und tosenden Applaus. Einige hatten Tränen in den Augen.
Filmakademie-Chefs erinnern an Zusammenhalt
Regisseur Florian Gallenberger, der mit Schauspielerin Alexandra Maria Lara die Deutsche Filmakademie leitet, erinnerte an Zusammenhalt. Diesen brauche es im Augenblick mehr denn je. Lara betonte, die Filmakademie positioniere sich gegen jegliche Form von Ausgrenzung, Hass, Rassismus und Antisemitismus. Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) sagte zu Beginn: „Ich glaube niemand, niemand hier bleibt unberührt vom Elend der Gewalt, von der Verunsicherung, von der zunehmenden Spaltung der Gesellschaft, den massiven Bedrohungen, denen die Demokratie und auch die Kultur ausgesetzt sind.“
Ein anderer Auftritt sorgte dagegen für Schmunzler. Schauspielerin Hanna Schygulla wurde mit dem Ehrenpreis der Filmakademie ausgezeichnet. Bei ihrer Dankesrede, die sie handgeschrieben auf Papier mit auf die Bühne nahm, verzettelte sie sich - und blieb noch auf der Bühne stehen, als die Veranstalter eigentlich schon die Musik einspielten, die das Ende der Rede markieren sollte. Sie falle als Ikone auch mal gern aus dem Rahmen, sagte die 80-Jährige, die für ihre herausragenden Verdienste um den deutschen Film geehrt wurde.
Drei Auszeichnungen für „Die Theorie von Allem“
Auszeichnungen wurden in zahlreichen Kategorien vergeben: Bis zum Ende gab es keinen eindeutigen Abräumer. „Sterben“ bekam neben der Goldenen Lola als bester Spielfilm einen Preis für die beste Filmmusik (Lorenz Dangel). Zudem wurde Corinna Harfouch als beste Hauptdarstellerin geehrt, Hans-Uwe Bauer für die beste männliche Nebenrolle. Der Mystery-Thriller „Die Theorie von Allem“ von Timm Kröger kam auf drei Auszeichnungen, genauso wie „Im toten Winkel“, ein packender Polit-Thriller von Ayşe Polat.
Regisseur Glasner hatte schon bei der Berlinale im Februar einen Silbernen Bären für sein Drehbuch gewonnen. Sein Drama ist keine leichte Kost. Ausgangspunkt ist der Tod des demenzkranken Vaters Gerd (Bauer). Dadurch müssen sich die Mitglieder der Familie Lunies wieder miteinander auseinandersetzen. Liebe, Zuneigung und Herzenswärme sind Fremdworte für sie. Glasner widmet ihnen im Film mehrere Kapitel. Recht schnell wird klar, dass auch die schwer kranke Mutter Lissy (Harfouch) kurz vor dem Ende ihres Lebens steht. Harfouch spielt die unnahbar wirkende und kalte Lissy besonders überzeugend.
Eidinger nicht bei Verleihung in Berlin
„Sterben“-Darsteller Lars Eidinger gratulierte live per Videoschalte. Momentan arbeitet der Schauspieler unter anderem mit Hollywoodstar George Clooney an einem neuen Film. Eidinger selbst ging in der Kategorie für die beste männliche Hauptrolle leer aus. Stattdessen setzte sich dort der österreichische Schauspieler Simon Morzé durch. Im Historienfilm „Der Fuchs“ spielt er einen österreichischen Soldaten, der im Zweiten Weltkrieg einen jungen Fuchs aufzieht.
Die Österreicherin Adele Neuhauser nahm die Lola als beste Nebendarstellerin im Drama „15 Jahre“ mit nach Hause. Bester Dokumentarfilm wurde „Sieben Winter in Teheran“ von Steffi Niederzoll über eine zum Tode verurteilte junge Iranerin.
Der Deutsche Filmpreis gehört zu den wichtigsten Auszeichnungen der Branche. Die Nominierungen und Auszeichnungen sind mit insgesamt rund drei Millionen Euro für neue Projekte dotiert. Das Geld stammt aus dem Haus von Kulturstaatsministerin Roth. 2023 hatte „Das Lehrerzimmer“ von Ilker Çatak die Goldene Lola gewonnen.