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Bad Lauchstädt Festspiel der deutschen Sprache in Bad Lauchstädt: Edda Moser und Peter Schreier plaudern aus Karriere-Nähkästchen

Von andreas montag 13.10.2018, 10:00
Edda Moser und Peter Schreier in Bad Lauchstädt
Edda Moser und Peter Schreier in Bad Lauchstädt Peter Wölk

Bad Lauchstädt - Wenn sich alte Bekannte treffen, gibt es viel zu erzählen. Handelt es sich dabei um Stars, bekommt die Angelegenheit zusätzlich Glanz. So ist es kein Wunder, dass der Festsaal der Kuranlagen in Bad Lauchstädt an einem gewöhnlichen Wochentag nahezu bis auf den letzten Platz gefüllt ist, als Edda Moser und Peter Schreier auf dem Podium Platz nehmen.

Peter Schreier: Gast aus der Residenz

René Schmidt, der Hausherr, begrüßt das Sänger-Duo, der Beifall ist enorm. Und wächst sich bei Schreier, dem Gast „aus der Residenz Dresden“, zu wahrem Jubel aus. Dann übernimmt Hans John. Der renommierte Musikwissenschaftler vom Jahrgang 1936 moderiert das Gespräch der beiden Opernhelden mit Charme und Witz. Schreier kennt er seit 70 Jahren - beide haben im Dresdner Kreuzchor gesungen. Und das Werk von Edda Moser, die mit der Rache-Arie der Königin der Nacht aus Mozarts „Zauberflöte“ weltberühmt wurde, ist ihm ebenso vertraut.

Die Sängerin, die das jährliche Festspiel der deutschen Sprache begründet hat und künstlerisch leitet, kommt also nicht umhin, die erstaunlichen Umstände zu erklären, unter denen in München 1972 jene bis heute wohl unerreichte Plattenaufnahme entstand - und besonders eben die schwierige Arie, die als Tondokument seit mehr als 40 Jahren mit der US-Raumsonde Voyager 2 durch das All fliegt, um fremden Zivilisationen, wenn es sie denn gibt, eine Botschaft der Menschheit zu übermitteln.

Ovationen in Bad Lauchstädt auch für Edda Moser

Der Hergang ist wirklich spektakulär: Kurz vor Beginn der Aufnahme, an der auch Peter Schreier beteiligt war, erklärte der Produzent der Künstlerin, die Frau des Dirigenten Wolfgang Sawallisch wolle nicht, dass sie, Edda Moser, die Partie singe. Die brüskierte Moser fragte, was denn Frau Sawallisch mit der Aufnahme zu tun habe, der Produzent sah es ebenso und stand zu seiner ursprünglichen Wahl: Moser singt - oder die Aufnahme findet überhaupt nicht statt. Sie sang. Und wie! Zornbebend und so überwältigend, dass es wohl keine andere ihr gleich getan hat.

Das Publikum in Bad Lauchstädt kann sich unmittelbar davon überzeugen, nun bekommt auch Edda Moser Ovationen. Der Moderator hat Hörbeispiele auch von Peter Schreier mitgebracht. Der sang 1950, als 15-Jähriger, die Arie „Es ist vollbracht“ aus Bachs Johannes-Passion. Als der wunderbar klare Knaben-Alt nun, 68 Jahre nach der Aufnahme, erklingt, könnte man im Saal die berühmte Stecknadel zu Boden fallen hören. Das notorische Handy, dessen Gebimmel in fast jedem Konzert und jedem Gottesdienst schellt, ist zu diesem Zeitpunkt gottlob noch stille.

Peter Schreier: Da zieht seine ganze, riesige Karriere an ihm vorbei

Schreiers Gesang ist so überirdisch schön, dass er einen Platz neben Mosers auf Platte verewigter Arie in der kosmischen Kapsel verdient hätte, die in extragalaktische Welten unterwegs ist.

Man müsste schon sehr hartgesotten sein, käme einen nicht Rührung an, während man den Sänger beim Hören seiner eigenen Stimme beobachtet. Da zieht seine ganze, riesige Karriere an ihm vorbei, Andacht und Glück spiegeln sich in seinem Gesicht, vielleicht auch ein bisschen Wehmut. Und große Dankbarkeit.

Später wird Schreier den Kreuzkantor Rudolf Mauersberger für seine Weitsicht loben, indem er eine spätere Aufführungspraxis quasi vorweg nahm und Bach-Partien mit jungen Knabenstimmen besetzte. Und schnell fügt er einen Nachsatz an, der als Kompliment in Richtung seiner Kollegin zielt: „Ich habe nichts gegen Frauenstimmen, schon gar nicht gegen Soprane!“

Und dann bekennt der 83-Jährige, der einer der wichtigsten Exportschlager der DDR gewesen ist: „Ich habe damals natürlich keine Ahnung gehabt, worum es hier geht.“ In diesem einen Punkt mag man ihm nicht glauben - gefühlt muss er schon haben, was die Passion bedeutet. Sonst hätte er das nicht so singen können. Edda Moser, um ihren Eindruck gebeten, antwortet fest und mit Größe: „Was soll man dazu sagen!“ Und später sagt sie, die selbst als Professorin Nachwuchs ausgebildet hat: „Das Begnadete findet man heute selten.“

Peter Schreier: Tamino im Jahr 1972 als Einstieg

Nicht weniger betörend ist Schreier als Tamino mit der Arie „Dies Bildnis ist bezaubernd schön“, die er für die 1972-er Aufnahme der „Zauberflöte“ beisteuerte. Das war Hans John zufolge der „Einstieg“ des Sängers, fortan gehörte er zum internationalen Opern-Jetset. Stets als lyrischer, nie als dramatischer Tenor. Das war nicht sein Fach. „Damit musst du fertig werden“, sagt Schreier. Salzburg, die „Met“ in New York - immer wieder haben sich Edda Mosers und seine künstlerischen Wege gekreuzt. Kein Wunder also, dass die knapp 90-minütige Zeitreise in die Erinnerung wie im Fluge vergeht. (mz)