Fernsehen Fernsehen: Mehmet Kurtulus ermittelt zum letzten Mal im

Hamburg/dapd. - Mehmet Kurtulus wurde 1972 in der Türkei geboren und zog zwei Jahre später mit seiner Familie in das niedersächsische Salzgitter. Seinen Durchbruch als Schauspieler hatte er 1998 in dem mit dem Grimme-Preis gekrönten Werk „Kurz und schmerzlos“ von Fatih Akin. In der Folge drehte Kurtulus mit Roland Suso Richter („Der Tunnel“), Doris Dörrie („Nackt“) und abermals Akin („Gegen die Wand“). 2008 feierte er seinen Einstand als verdeckter Ermittler Cenk Batu im Hamburger „Tatort“. Nach sechs Folgen verabschiedet er sich am Sonntag (6. Mai, 20.15 Uhr) von der ARD-Krimireihe. Über seinen Filmtod und die Zukunft hat der 40-Jährige mit dapd-Korrespondentin Jana Werner gesprochen.
dapd:Herr Kurtulus, Sie sind im Oktober 2008 mit großen Plänen als „Tatort“-Ermittler gestartet. Gehen Sie mit einem guten Gefühl?
Mehmet Kurtulus: Absolut. Sehr viel von dem, was wir uns gewünscht und als Vision vor Augen hatten, durften wir umsetzen. Da gehört viel Mut dazu, dass uns der NDR überhaupt diese Freiheiten gelassen hat, uns sowohl bei der Charaktergestaltung von Cenk Batu als auch bei der Themenauswahl einbezogen hat. Wir haben zum Beispiel anlässlich des zehnten Jahrestages der Anschläge vom 11. September in New York einen „Tatort“ aus Hamburg beigesteuert. Das war fantastisch. Ich blicke also mit einem sehr schönen Gefühl auf diese Arbeit zurück.
dapd:Haben Sie sich wirklich erst vor einem Jahr entschieden, beim „Tatort“ aufzuhören oder wussten Sie bereits von Anfang an, dass es sich nur um ein vorübergehendes Gastspiel handeln wird?
Kurtulus: Das Thema stand bei mir ganz persönlich an. Zum Einen habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie lange ein verdeckter Ermittler in einem Stadtstaat realistisch arbeiten kann. Zum Anderen wollte ich nach sechs schönen Filmen wieder offen für neue Aufgaben sein und mehr Zeit mit meiner Partnerin (Désirée Nosbusch; Anmerkung der Redaktion) in Los Angeles verbringen. Ich verlasse den „Tatort“ mit einem lachenden, aber auch weinenden Auge. Denn erst mal werde ich nicht mehr in Hamburg drehen. Die Stadt wird aber nie in meinem Leben verloren gehen. Es kommt nur etwas Neues hinzu. Wir werden uns also in Zukunft ganz bestimmt wiedersehen - ob im Fernsehen oder auf der Leinwand. Cenk Batu werden wir nicht wiedersehen, Mehmet Kurtulus schon.
Und ich bin sehr neugierig auf das, was da kommt. Ich liebe das Risiko, die Ungewissheit, die Unsicherheit. Denn mir ist schon bewusst, dass der „Tatort“ eine sichere Bank ist. Aber genau aus dieser Ungewissheit und Unsicherheit schöpfe ich immer wieder eine kreative Kraft. Ich bin optimistisch und freue mich auf die Zukunft, auf neue Projekte.
dapd:Nun ist das Konzept des Hamburger „Tatorts“ von Beginn an ein anderes gewesen als etwa das der launigen Ermittler aus Münster. Batu wechselte von Folge zu Folge die Identität, das Umfeld, die Umgebung. Hat es Sie gewurmt, dass Ihre Quote nicht an die der Münsteraner Ermittler Axel Prahl und Jan Josef Liefers herankam?
Kurtulus: Überhaupt nicht. Wir haben, das gebe ich sehr gerne zu, den Zuschauer auch ein wenig herausgefordert. Wir haben ihn zum Komplizen gemacht, Informationen nicht wiederholt, schnelle Ortswechsel vorgenommen. Das könnte man im weitesten Sinne als Mitmachfernsehen bezeichnen. Der Zuschauer hatte keine Chance, später im Polizeirevier noch einmal alles Revue passieren zu lassen - mit der gluckernden Kaffeemaschine im Hintergrund. Bei uns ging es immer nach vorne. Das war ein Format, das man mögen kann, aber nicht muss. Dass sieben Millionen Zuschauer dabei einschalten, ist auch ein sehr großes Kompliment. Das sind die Menschen, die den Film sehen wollen. Und da finde ich sieben Millionen eine gigantische Zahl.
dapd:Und weil ihr Cenk Batu ein so konsequenter Charakter ist, war für Sie auch die Art des Abschieds klar - ein Ende ohne Rückkehr?
Kurtulus: Ja. Das ist dem Charakter geschuldet, dass er ein so konsequentes Ende wählt. Cenk Batu war immer derartig am Limit, dass sein Abschied nur in diese eine Richtung gehen konnte. Ich war sehr begeistert, als ich von der Idee hörte. Wir, das gesamte Team, haben das besprochen, dass es eben keinen Weg zurück mehr geben kann. Ich wollte mir kein Hintertürchen offen lassen. Und Cenk Batu hätte das auch nicht getan. Das ist konsequent, das ist schlüssig.
dapd:Was werden Sie in Zukunft machen?
Kurtulus: So viel kann ich noch nicht verraten. Dafür ist es noch zu früh. Im Moment bin ich noch in Ferienlaune, aber bald wird es konkreter werden. Dann habe ich auch wieder etwas zu erzählen.
dapd:Werden Sie weiter in Deutschland Filme machen?
Kurtulus: Unter anderem. Ich werde mehr Zeit in Los Angeles verbringen, wo meine Partnerin lebt und wo wir gemeinsam in die Zukunft schauen wollen. Das Fernsehen verabschiedet sich jetzt von Cenk Batu, aber nicht von Mehmet Kurtulus. Dieser Schritt ist auch konsequent für mein Leben. Denn für mich ist das jetzt die Chance, vielleicht etwas ganz Neues zu beginnen. Und diese Chance möchte ich gerne nutzen. Ich habe das Gefühl, dass gerade wieder die Zeit dafür da ist, dieses Risiko einzugehen. Ich höre von vielen Menschen, dass 2012 ein sehr spannendes Jahr ist, ein Neubeginn in vielerlei Hinsicht. Und so kommt meine Entscheidung gerade richtig.