Fernsehen Fernsehen: Ehrensenf für Polylux

Köln/Berlin/dpa. - Vom Internet-TV ins «echte» Fernsehen - Katrin Bauerfeinds Karriere sagt einiges über das Verhältnis zwischen dem alten Medium Fernsehen und dem neueren Medium Internet aus. Zum einen, dass im Internet mittlerweile vielversprechende Talente entdeckt werden, zum anderen, dass die alten Medien noch nichtwirklich passé sind und man nach einigem Erfolg im Netz auch heute noch am besten ins Massen- und Leitmedium TV wechselt. An diesem Donnerstag (13. September) gibt die Internet-Entdeckung Bauerfeind um 23.30 Uhr ihr Debüt beim ARD-Szene-Magazin «Polylux».
Die gerade mal 25-Jährige Katrin Bauerfeind aus Aalen (Baden-Württemberg) hat soeben ihr Diplom als Technikjournalistin an der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg in Sankt Augustin gemacht. Mit ihrer rauchig-rauen Stimme lacht sie viel und gerne und vertritt nun vier Monate lang Tita von Hardenberg.
Die 39-Jährige von Hardenberg, die wegen ihres distanzierten Stils schon mal als «Moderationsroboter» (taz) kritisiert wurde, macht eine Babypause. Ihre Vertretung hat bereits mit Mitte zwanzig reichlich Kameraerfahrung und ist äußerst professionell. Sie dürfte weniger polarisieren und vielleicht auch eine herzlichere Art ins Studio bringen. So wie sie es in cooler Kumpelmanier zumindest bis vergangenen Juni anderthalb Jahre lang bei Ehrensenf tat, dem wohl bekanntesten deutschen Internet-TV.
Das in Köln produzierte Format Ehrensenf bekam Preise wie denGrimme Online Award. Nicht zuletzt die Kooperation mit «SpiegelOnline» machte die wenige Minuten lange Sendung bei Zehntausenden zum Kult. Sie laden sich die Spots herunter, wann sie wollen. Der Name ist ein Anagramm (also aus den selben Buchstaben bestehend) des Wortes Fernsehen, zu sehen bei jedem Vorspann mit hüpfenden Buchstaben auf einem Senftütchen. Ehrensenf ist ein im Nachrichten-Stil gehaltener satirischer Ritt durchs Internet und die Welt der News und Skurrilitäten - voller Sprachwitz. Produziert wird es von den erfahrenen Fernsehmachern Carola Haase-Sayer und Rainer Bender, die inzwischen mit Christine Henning (26) und Mark Freuer (34) fastebenbürtige Bauerfeind-Nachfolger gefunden haben.
Im Grunde war die Ehrensenf-Moderation für Bauerfeind eine ArtStudentenjob. «Ich habe es während des Studiums gemacht, abereigentlich war es zu zeitaufwendig und mir zu wichtig, um es nur sozu nennen.» Ihr Stil und Talent haben ihr jedenfalls das Angebotgebracht, für 3sat im vergangenen Februar das «Berlinale-Journal» zupräsentieren. «Das war nervenaufreibend und echt spannend. DieSendung war live, das bedeutet jede Menge Lampenfieber - immer derGedanke "Wenn du jetzt Scheiße baust, sehen es alle".»
Doch sie machte es derart einnehmend und charmant, dass zumBeispiel TV-Entertainer Harald Schmidt sie bald darauf in seineSendung einlud. Er sagte ihr eine glänzende Zukunft voraus. Es gingalles sehr schnell. Inzwischen hat sie sich ein Management zugelegt,das zum Beispiel auch Kabarettist Jürgen Becker oder Komiker IngoAppelt betreut.
Mit Blick auf ihre «Polylux»-Moderation beim RBB hat sie sichmittlerweile neben ihrer Bonner Wohnung ein Zimmer im Berliner Szene-Bezirk Friedrichshain genommen. Im August spannte sie noch einmalrichtig in Norwegen aus. Sie las Romane und ließ das Handyausgeschaltet. «Ich habe es in einen Fjord geworfen und erst am Endewieder rausgefischt.» Nun startet sie durch und macht sich anders als2003 zu Beginn ihres Technikjournalismus-Studiums, das einBrückenschlag zwischen Kommunikations- und Naturwissenschaft ist, umtechnische Zusammenhänge verständlich zu vermitteln, keineZukunftssorgen mehr.
Zur nach wie vor attraktiven Rolle der alten Medien wäre indesnoch zu sagen, dass es «Das Beste aus Ehrensenf» mit KatrinBauerfeind neuerdings auch als Buch gibt («Die täuschend unechteeckige Erde», Rowohlt-Verlag).