Fernsehen Fernsehen: Barbara Salesch feiert ihre 2.000. Sendung

Hürth/dapd. - «Dass es zwölf Jahre sein würden, hatte niemand gedacht», sagt dieJuristin, die dem Fernsehpublikum als «Richterin Barbara Salesch»bekannt ist. Am Donnerstag (5. Mai) kann die gebürtige Ettlingeringleich zwei Ereignisse feiern. Zum einen zeigt Sat.1 um 15.00 Uhrdie 2.000. Ausgabe ihrer Sendung, zum anderen wird sie an diesem Tag61 Jahre alt. «Hinter der Produktionshalle wird ein Zelt aufgebaut,dort feiern wir dann», erzählt Salesch.
Saleschs Karriere als TV-Richterin begann 1999 mit dem Anrufeiner Fernsehproduktionsfirma bei der Präsidentin des HamburgerLandgerichts, wo Salesch Vorsitzende Richterin war. «Die Produzentinsuchte einen Richter für ein neues Sendeformat. Etwa 200 Richter undStaatsanwälte waren schon gecastet worden und sie war amVerzweifeln. Meine Präsidentin sagte mir, ich soll mich bewerben.Das habe ich gemacht und bin zum Casting gefahren.»
Seitdem ist sie von Landgericht Hamburg für ihre Arbeit beimFernsehen beurlaubt. «Ich verhandle in der Sendung so, wie ich esvorher am Gericht getan habe. Wichtig ist, Recht so zu vermitteln,dass die Leute es verstehen», erklärt Salesch.
Unterhaltung statt realistischer Darstellung
Ihre Fernsehlaufbahn startete mit der Sat.1-Sendung«Schiedsgericht», in der reale zivilrechtliche Fälle verhandeltwurden. «Das Fernsehteam hat die Verhandlungen in voller Längegefilmt und das Material dann geschnitten», erinnert sich Salesch.Bei den Zuschauern fand das Format wenig Anklang. «Zivilrecht hatkeinen Menschen interessiert», resümiert sie. Seit Oktober 2000werden deshalb nur noch fiktive strafrechtliche Fälle verhandelt.Die Sendung wurde ein großer Erfolg. Die Zuschauerzahlen stiegen,und Konkurrent RTL zog mit eigenen Gerichtsshows nach.
Aber auch Kritik an der möglicherweise wirklichkeitsfernenDarstellung der Justizarbeit blieb nicht aus. Denn bei derFernsehrichterin geht es bei der Verhandlung ungewöhnlich lebhaftzu. Zeugen und Angeklagte schreien, Verteidiger und Staatsanwaltschimpfen und die verhandelten Fälle nehmen oft derart überraschendeWendungen, dass sich Polizei und Staatsanwaltschaft im wahren Lebenschlechte Ermittlungsarbeit vorwerfen lassen müssten.
Salesch ist dies bewusst. «Was hat die Sendung mit dem Alltag derJustiz zu tun? Nichts!», sagt sie. Fernsehen diene schließlich derUnterhaltung der Zuschauer. Deshalb hätten Emotionen undSpannungsmomente im TV-Gerichtssaal ihre Berechtigung. «Das darf nurnicht überhandnehmen. Wenn es zu viel wird, gehe ich dazwischen»,sagt die resolute Juristin. Außerdem verliefen auch im wirklichenLeben Gerichtsverhandlungen mitunter sehr emotional. «In einermeiner letzten Verhandlungen in Hamburg hat ein Angeklagter mit denKopf ein Fenster eingeschlagen und versucht, sich die Halsschlagaderaufzuschneiden», erzählt Salesch.
Bewunderung für Jugendrichterin Heisig
Obwohl die frühere Richterin bereits seit zwölf Jahren nicht mehrim Gericht aktiv ist, verfolgt sie die aktuelle Diskussion über einehärtere Bestrafung jugendlicher Gewalttäter interessiert. «Man kanndurchaus über eine weitere Verhängung von Arresten diskutieren. Abereigentlich gibt es bereits genug Sanktionsmöglichkeiten. Sie müsstennur schneller angewendet werden können, wie es die BerlinerJugendrichterin Kirsten Heisig versucht hat», gibt Salesch zubedenken. Von Heisig, die im Juli 2010 Selbstmord beging, ist siebeeindruckt. «Eine faszinierende Persönlichkeit, die leider zu sehrauf sich allein gestellt war», sagt die Juristin.
Trotz ihres nach wie vor großen Interesses am Strafrecht willSalesch ihre frühere Richtertätigkeit nicht wieder aufnehmen,sondern bis zum Ende ihres Berufslebens mit der Fernseharbeitweitermachen. «Mit 61 geht man nicht mehr auf dieselbe Stellezurück», sagt sie entschieden.