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Felix Meyer Felix Meyer: Straßenmusiker mit Engeln und Schweinen

22.07.2010, 06:32
Musiker Felix Meyer (r) und Band musizieren auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor in Berlin. (FOTO: DPA)
Musiker Felix Meyer (r) und Band musizieren auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor in Berlin. (FOTO: DPA) dpa-Zentralbild

Berlin/DPA. - Felix Meyer ist ein Phänomen. Ob vor demBrandenburger Tor, auf den Straßen Hamburgs oder in einerkleinstädtischen Fußgängerzone ­ wo immer der Sänger mit seinerfünfköpfigen Band auftritt, bilden sich flugs Menschentrauben. Malsind es 30 oder 50, mal aber auch 150 Zuhörer, die fasziniertinnehalten, um einem deutschsprachigen Straßenmusiker zu lauschen.Nun schickt er sich an, auch mit einer CD zu reüssieren: Das Debüt-Album der Band Felix Meyer trägt den Titel «Von Engeln & Schweinen».

«Das Schöne an Straßenmusik ist, dass man sehr nah an den Leutendran ist, dass man auf Augenhöhe agiert und keine Distanz schafft»,schwärmt Meyer im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Dazu kommedas gemischte Publikum: «Auf der Straße hast Du auch mal eine 85-Jährige, die sich das ganze Konzert anhört und einem danach noch diebesten Glückwünsche mitgibt.»

Mit zwei Mitgliedern der Band musiziert er schon seit rund zehnJahren auf der Straße. «Wir haben das früher gemacht, weil wir in denUrlaub fahren wollten und kein Geld dafür hatten. Da sind wir einfachlosgezogen mit einer Gitarre.» In Italien, Spanien, Frankreich warman so unterwegs. Immer häufiger aber auch in Deutschland, vor allemin einer Stadt: «Lüneburg, da sind wir immer wieder hin.»

In Lüneburg auf der Straße war es auch, wo Peter Hoffmann der Bandbegegnete, Produzent von Tokio Hotel, der auch mit Künstlern wie BenBecker zusammengearbeitet hat. Hoffmann lud Felix Meyer ein: «Wirhaben uns unterhalten, was man machen könnte, und waren uns ziemlichschnell einig, dass es Richtung deutscher Chanson gehen soll»,berichtet Meyer.

Schließlich gesellte sich Franz Plasa dazu, Produzent vonDeutschrock-Größen wie Selig. Mit ihm nahm man das Album «Von Engeln& Schweinen» auf. «Das war letztes Jahr, jetzt ist es im Laden undwir sind damit auf der Straße unterwegs und abends in den Clubs.»Einen bundesweiten Veröffentlichungstermin gab es nicht, nach undnach erschien das Album in den Städten, in denen Meyer spielt.

Nebst den so hintersinnigen wie melancholischen Texten ist es vorallem Meyers Stimme, die einnimmt. Erstaunlich tief und warm istdiese - dem eher schmächtigen Sänger mit dem Wuschelkopp kaumzuzutrauen. Bisweilen erinnert er an Sven Regener von Element ofCrime. Ein Vergleich, mit dem Meyer (Jahrgang 1975) gut leben kann:«Element of Crime ist auf jeden Fall ein Vorbild. Sie könnenSituationen, die manchmal ganz alltäglich und banal sind, in schöneLieder verwandeln.»

Meyer gelingt dies nun selbst, wie in Songs wie «Kaffee ansBett». Es geht um die Liebe, um Sehnsucht. Toll auch das Stück«Nordwind», so Poetisches kam lange nicht aus Deutschland: «Manchetragen die Wellen aufs Meer raus, und nur selten kommt einer davonzurück.»

Meyers so bildreiche Sprache kündet von einer zweitenLeidenschaft: der Fotografie. Für diese verließ er einst Berlin,seine Geburtstadt, um in Kiel zu studieren. Übers Titelstück indessagt Meyer: «Es gibt Momente in Beziehungen, wo sich eine derPersonen vom Engel, den man irgendwann kennengelernt hat, zum Schweinentwickelt.»

Der Band, deren Instrumentarium vom Akkordeon über die Gitarre biszum Banjo reicht, geht es um ein Stück «gelebte Freiheit». EineFreiheit, die sich mit den Ideen großer Labels kaum verträgt. Für siefindet Meyer kritische Worte: «Die Plattenindustrie hat viele Sachenversäumt, geht wenig raus, kümmert sich vor allem darum, dass dieChefetagen weiter gut leben können, und fast gar nicht um Musik, beider es um irgendetwas geht.» Der Sänger erklärt: «Wir suchen unsunseren Markt selber.» Die neu gegründete Musikfirma Hopla Reloadedsoll dabei helfen. Dabei hat Felix Meyer, die Ausnahmeerscheinungunter den Straßenmusikern, seinen Markt längst gefunden: Es sind dieFußgängerzonen zwischen Salamanca und Sylt.