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Familienteam: Katharina Wackernagel und Jonas Grosch

12.11.2009, 16:25

Hamburg/dpa. - Eigentlich wollte Katharina Wackernagel immer nur «zum Theater, Theater, Theater!» Und doch verdankt die 31-Jährige ihre bereits eindrucksvolle Karriere bislang vor allem dem Fernsehen.

Schon als Teenager erhielt die Brünette mit der natürlichen, intensiven Ausstrahlung 1997 für ihren Part in der ARD-Jugendserie «Tanja» den Goldenen Löwen als beste Serien-Darstellerin. Von da an ging es steil bergauf: Wackernagel überzeugte Publikum, Kritik und Juroren in anspruchsvollen TV-Produktionen wie «Die Luftbrücke» (2005) und «Contergan» (2007). Im Kino bekam sie 2003 ihre erste Nebenrolle in Sönke Wortmanns «Das Wunder von Bern», im vergangenen Jahr spielte sie die Terroristin Astrid Proll in Uli Edels RAF-Drama «Der Baader-Meinhof-Komplex».

Zur Zeit lebt Katharina Wackernagel mit ihrem Bruder Jonas Grosch in einer Zweier-WG in Berlin. Zur Präsentation von dessen Leinwanddebüt «Résiste! - Aufstand der Praktikanten» auf dem Filmfest Hamburg sprach die dpa mit ihr.

Wie ist es als Schauspielerin, sich am Set seinem drei Jahre jüngeren Bruder als Regisseur und Drehbuchautor beugen zu müssen?

Wackernagel: «Das Besondere an diesem Projekt war für mich, fast jeden einzelnen Schritt der Entstehung eines Films direkt mitzuerleben von der ersten Drehbuchseite bis zum endgültigen Schnitt, der Pressearbeit und so weiter. Oft war ich bei Gesprächen dabei oder diskutierte mit meinem Bruder am Küchentisch. Das war eine echt schöne Erfahrung, die mir aber auch deutlich machte, wie sehr wir Schauspieler oft in Watte gepackt werden. Bei den Dreharbeiten fand ich es gut, dass Jonas mit allen im Team gleich angenehm zusammenarbeitete. Ich hatte keinen Extra-Platz. Zu tun, was er wollte, war für mich daher kein Problem.

Sie selbst hatten ja schon als Teenager Erfolg. War Ihnen denn das Praktikantenleben heutiger Berufseinsteiger überhaupt bekannt?

Wackernagel: «Von Freunden hatte ich natürlich davon gehört. Vor allem aber trifft man bei Dreharbeiten ständig auf Praktikanten: Es ist unfassbar, oft sind sie die Ersten und Letzten am Set, müssen anschließend noch die Wohnmobile von Schauspielern nach Hause fahren. Dafür erhalten sie kaum oder gar kein Geld. Auch bei "Résiste!" waren natürlich Praktikanten dabei. Einen Unterschied machte das aber kaum, da sämtliche Beteiligten dieser Low-Budget-Produktion sowieso fast nichts bekamen. Man sollte aber beim Drehen mindestens eine Praktikantenkasse einrichten, in die Schauspieler am meisten einzahlen, weil sie ja auch am meisten verdienen. Im übrigen geht es im Film, und auch mir persönlich, gar nicht darum, gegen Praktika zu polemisieren. Die sind im Prinzip etwas Sinnvolles. Doch sollte man Menschen nicht ausnutzen, indem man sie ewig hospitieren lässt und auch noch unterbezahlt.»

Der Film zeigt auf satirische Weise auch den Grundkonflikt zwischen karrierebewussten, eher unpolitischen Jungen und ihren einst so kämpferischen 68er-Eltern. Ist dieser Konflikt in Ihrer Familie, zu der das einstige RAF-Mitglied Christof Wackernagel zählt, besonders akut?

Wackernagel: «Was Jonas und meine Eltern betrifft, die sich am Theater Tübingen kennengelernt haben, so waren sie damals tatsächlich extrem engagiert etwa für Mitbestimmung am Theater. Sie waren aber nie verbohrt, haben immer unsere individuellen Gefühle und Bedürfnisse gesehen. Zu Ostermärschen wurden wir Kinder denn auch nur solange mitgeschleppt, bis wir sagten: "Jetzt reicht's". Und mein Onkel Christof hat eine wirklich große Entwicklung durchgemacht. Heute arbeitet er in Mali in Afrika für bessere Lebensbedingungen. Über ihn hat Jonas eine Film-Doku gedreht - «Der Weiße mit dem Schwarzbrot». Mein Bruder und ich können die unterschiedlichen Haltungen also entspannt sehen.»

Interview: Ulrike Cordes, dpa