Elvis Presley posthum Elvis Presley posthum: Der King ist wieder da - Gospel aus der Gruft

Halle (Saale) - Die Nacht, in der ihr Vater starb, wird Lisa Marie Presley nie vergessen. Vier Uhr morgens kam der Mann, den sie den „King“ nannten, ans Bett der damals Neunjährigen und gab ihr einen Gutenacht-Kuss. Sie habe dennoch nicht schlafen können und dann, beim Aufstehen, ihren Vater gesehen, der wie ein dicker Geist durchs Haus tigerte.
„Er war nicht glücklich“, erinnert sich die einzige Tochter des größten Pop-Musikers der 50er und 60 Jahre. Als kleines Mädchen habe sie stets Angst um ihren Vater gehabt und immer wieder gefragt, Daddy, du stirbst doch nicht? Nein, bitte, stirb nicht.
Elvis Presley: Leben am Limit
Am 16. August vor 41 Jahren ist Elvis Aaron Presley, 1935 in Tupelo im US-Bundesstaat Mississippi als Sohn eines einfachen Landarbeiters geboren, dann doch tot. Ein Leben am Limit, ein Leben unter Erwartungsdruck und Verfolgungswahn endet in einem Badezimmer von Elvis’ Graceland-Ranch. Lisa Marie sieht noch, wie ein Krankenwagen den Leichnam abtransportiert. „Ich habe damals nicht verstanden, was geschah.“
Doch es sind andere Erinnerungen, die die heute 50-Jährige, einzige Tochter des King und seiner Jugendliebe Priscilla bis heute beschäftigen. „Immer wieder bin ich mitten in der Nacht erwacht“, beschreibt die Sängerin, Schauspielerin und Kurzzeit-Ehefrau von Michael Jackson und Nicolas Cage, „und der Klang der unvergesslichen Stimme meines Vaters, der in seinem Schlafzimmer sang, was ihm am liebsten war: Gospel-Songs.“
Das Album hier bei Amazon kaufen: Elvis Presley: „Where no one stands alone“, RCA/Legacy
Gospel leitet sich vom englischen „good spell“ ab, einer Umschreibung für die Bibel. Der Begriff bezeichnet Lieder aus der Tiefe der amerikanischen Seele, Lieder, die trösten und umarmen, frohlocken und Gott und die Hingabe an ihn rühmen. Lieder, die Elvis Presley als Kind von seiner gläubigen Mutter Gladys Love Presley gelernt und später auch für Alben wie „How great thou art“ im Studio eingesungen hatte. Für den mittelalten Elvis, eben herausgewachsen aus dem Image als hüftschwingendes Teenie-Idol, ein Lebenstraum.
Elvis scheitert als Chorsänger in der Gospeltruppe
Ursprünglich hatte Elvis nämlich keineswegs den Rock ’n’ Roll erfinden und ein Weltstar werden wollen. Nein, mit 18 versuchte er, als Chorsänger bei der Gospeltruppe Songfellows einzusteigen. Ein Vorhaben, das scheiterte, weil Elvis nach den Worten des Songfellow-Sängers Jim Hamill unfähig war, sich in einen Gesamtklang einzuordnen. „So lange er der Hauptsänger sein konnte, war er großartig, sobald er sich unterordnen sollte, sang er mal hier mit und mal dort und am Ende war er wieder der Leadsänger.“
Schlechte Voraussetzungen für eine Karriere im Chor. Die besten für ein Leben als Solo-Künstler, der eben auch Gospel singt wie auf „Where no one stands alone“, dem am Freitag erscheinenden nächsten posthumen Elvis-Album, das die Zahl der Veröffentlichungen nach dem Tod des King auf 45 schraubt. Elvis Presley hat zu Lebzeiten nun nur noch fünf Alben mehr veröffentlicht als nach seinem Tod.
Fleißarbeit der Produzenten Weinshanker und Childs
Dies aber ist keine der üblichen Zusammenstellungen alter Songs unter einem neuen Titel, sondern Resultat einer echten Fleißarbeit der Produzenten Joel Weinshanker und Andy Childs, die zum Teil unveröffentlichte Vokalaufnahmen von Elvis ausgruben und von einer vierzehnköpfigen Band neue Musik dazu einspielen ließen.
Noch einmal versammelten sich bei dieser Gelegenheit Weggefährten des King im Studio. Darlene Love war dabei, die 1968 mit Elvis bei seinem NBC-TV-Special auf der Bühne stand, Cissy Houston kam, die Elvis Ende der 60er Jahre begleitet hatte. Dazu Musiker wie Terry Blackwood, Armond Morales und Jim Murray von The Imperials, die schon bei „How great thou art“ im Chor sangen.
Ein Wunder der modernen Studiotechnik, das aus kantigen Ur-Einspielungen wie dem 1972 auf „He touched me“ veröffentlichten Song „I’ve got confidence“ ein geschmeidiges Stück Popmusik für die 2000er Jahre macht. Richtig herzlich wird es beim Titelsong, der Elvis’ Stimme mit der seiner Tochter zu einem virtuellen Duo vereint, das inbrünstig davon singt, wie unnütz aller Reichtum und Tand der Welt, alle Paläste und alle Kronen sind, wenn man am Ende allein in der Dunkelheit steht.
„Es war eine sehr bewegende Erfahrung, mit meinem Vater zusammen zu singen“, schreibt Lisa Marie Presley im Albumheft. Die Veröffentlichung des neuen, alten Werkes feiern Elvis-Fans aus aller Welt ab morgen bei der „Elvis Week 2018“ auf Graceland in Memphis. (mz)
Das Album hier bei Amazon kaufen: Elvis Presley: „Where no one stands alone“, RCA/Legacy