Elisabeth-Jahr 2007 Elisabeth-Jahr 2007: Heilige im Zeichen von Brot und Rosen
Halle/MZ. - Diese Frau war ihren Mitmenschen eine Zumutung, eine Provokation für ihre Nachwelt ist sie geblieben. Landgräfin Elisabeth von Thüringen, deren 800. Geburtstag ab Sonntag mit einem Gedenkjahr gefeiert werden soll, ist dem Gebot der christlichen Nächstenliebe radikal gefolgt - und hat damit zugleich allem weltlichen Recht seine Grenzen gewiesen. Dabei zählte sie selbst zu den Privilegierten ihrer Zeit: 1207 als Tochter des Ungarn-Königs Andreas II. geboren, soll Elisabeth bereits als Kind mit dem Thüringer Erbfolger Ludwig verlobt worden sein.
Ihre wahre Liebe entdeckte sie jedoch erst, als 1223 / 24 die ersten Franziskaner-Mönche nach Thüringen kamen. Das Armutsgelübde der Mönche faszinierte die junge Fürstin so sehr, dass sie die Ansiedlung des Ordens begünstigte und selbst zur Wohltäterin der Armen und Kranken wurde. Ihre Heiligen-Attribute, das Brot und die Rosen, bezeugen in volkstümlicher Form zugleich den Widerstand ihrer fürstlichen Familie: Der Legende zufolge wurde Elisabeth kontrolliert, als sie trotz des Verbots einen Korb mit Brot zu Almosen-Empfängern bringen wollte. Als die Wachen jedoch das Tuch zurückschlugen, fanden sie nur Rosen ...
Dass Elisabeth schon vier Jahre nach ihrem frühen Tod am 17. November 1231 heilig gesprochen wurde, mag man angesichts solcher Geschichten auch als geschickte Entrückung eines politisch unliebsamen Vorbilds begreifen. Als Rollenmodell in modernen Solidaritäts-Debatten aber ist dies ohnehin nur bedingt tauglich: Elisabeths Handeln resultierte aus dem neutestamentlichen "Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan", ihre Wohltaten waren also stellvertretende Zuwendungen.
Dass die Barmherzigkeit dennoch beispielhaft bleibt, zeigt nun die konfessions-übergreifende Form des Gedenkens. Neben den Katholiken, die Elisabeth von Thüringen ganz selbstverständlich als eine ihrer Heiligen verehren, feiern auch die Protestanten das Jubiläumsjahr dieser "von Gott Geheiligten" mit einem umfangreichen Programm. Der Thüringer Bischof Christoph Kähler liest aus Elisabeths Biografie vor allem die Frage, "wo wir radikaler denken oder etwas ändern müssen".
Das aber muss man - auch ohne goldig umflorte Heiligenbildchen - neu bedenken: Nicht warum, sondern ob man bereit ist, Reichtum zu teilen. Den aktuellen Anlass - das Elisabeth-Jahr - läuten die Kirchenglocken heute um 18 Uhr ein.