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Egon Günther Egon Günther: Filmregisseur wird 75 Jahre alt

25.03.2002, 09:17
Egon Günther
Egon Günther epd-bild

Berlin/dpa. - Den lange geplanten Film über FriedrichNietzsche will Egon Günther unbedingt noch drehen. Das Projekt überden «genialen, leicht verrückten» Philosophen beschäftige ihn seitzehn Jahren, sagt der Filmregisseur und Autor. Er habe sein Vorhabennicht aufgegeben, obwohl es bei der «vorherrschenden Spaßfilmkulturnicht leicht ist, eine solche Produktion zu realisieren». Günther,der in Groß Glienicke bei Berlin wohnt, wird am Sonnabend (30. März)75 Jahre. Seinen Geburtstag feiert er - frisch und munter - beimSkiurlaub in der Schweiz.

Nietzsche (1844-1900) ist auch im 21. Jahrhundert groß,faszinierend und gefährlich, meint der Regisseur. BeiSchauspielerkollegen, denen er das fertige Drehbuch zum Lesen gab,habe er viel Zustimmung erfahren. Sein Team ist praktisch komplett.Was fehlte, war bisher immer das Geld. Mehr als 30 in Ost und Westgedrehte Filme für Kino und Fernsehen stehen für Günthers Lebenswerk.Der Nietzsche-Film soll es vollenden.

Bei seiner letzten Arbeit «Die Braut» (1999) bewegte sich Güntherals Goethe-Spezialist auf vertrautem Pfade. Bei der Lovestory überdie Goethe-Geliebte und späte Ehefrau Christiane Vulpius (VeronicaFerres) kam der Dichterfürst denkbar schlecht weg. Für «Lotte inWeimar», dem vor rund 25 Jahren entstandenen Goethe-Film der Defa,hatte er - damals eine Sensation - Lilli Palmer in den Osten vor dieKamera gelockt.

Dass die DDR mit «Lotte in Weimar» erstmals in Cannes bei denFilmfestspielen dabei war, brachte dem anspruchsvollen und radikalen«Avantgardisten» international zusätzliches Ansehen. Die Arbeit desfür seine Tabubrüche von der SED-Kulturbürokratie viel gescholtenenund abgestraften Künstlers wurde deshalb nicht leichter. Ende der70er Jahre entschied er sich für den Westen.

Der studierte Pädagoge, Germanist und Philosoph arbeitete sich imBabelsberger Defa-Studio vom Dramaturgen und Drehbuchautor zumhumorvoll-ironischen «Autorenfilmer» hoch. Seine Vorliebe fürGegenwartsstoffe ließ er bei seinem Regiedebüt «Lots Weib» (1964)erkennen. Die Märchenkomödie gegen Lüge und Heuchelei «Wenn du großbist, lieber Adam» gehörte zu den 1965 nach dem berüchtigten 11.Plenum des SED-Zentralkomitees verbotenen Streifen. Die eigenwilligstilisierte Verfilmung von Johannes R. Bechers Roman «Abschied»(1968) brachte ihm den Vorwurf des «Modernismus» ein.

Zum Publikumserfolg wurde «Der Dritte» (1972) über dieEmanzipationsversuche einer Frau in einer Männergesellschaft mitseiner Lieblingsschauspielerin Jutta Hoffmann. «Die Schlüssel»(1974), eine tragisch endende, deutsch-polnische Liebesgeschichte,wurde mit «Exportverbot» belegt, weil sie angeblich Gefühle imbefreundeten Nachbarland verletzte. Seitenhiebe auf die real-sozialistische Gegenwart unterließ Günther auch dann nicht, wenn erauf historische Stoffe auswich.

Die Defa sei seine «Nährmutter, mein Leben, wirklich meine Heimatgewesen», bekannte Günther in der Nachwendezeit. Nach dem Mauerfallkehrte er von München wieder in den Osten zurück. Der siebenteiligenTV-Verfilmung von Lion Feuchtwangers «Exil» zum Einstand im Westenwaren dort unter anderem «Morenga» über die deutsche Kolonialpolitikin Afrika und «Heimatmuseum» nach Siegfried Lenz gefolgt. 1990 filmteGünther bei «Stein» noch einmal im Defa-Studio, das kurz danach nichtmehr existierte.