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Egon Eiermann Egon Eiermann: Vorzeige-Architekt der jungen Demokratie

Von Susanne Kupke 28.09.2004, 07:21
Der Architekt Egon Eiermann (undatiertes Archivfoto). Er war Schöpfer der Berliner Gedächtniskirche, des berühmten Klappstuhls "SE 18" und einer der wichtigsten Impulsgeber des modernen Bauens im Nachkriegsdeutschland - am 29. September wäre Eiermann (1904 - 1970) 100 Jahre geworden. (Foto: dpa)
Der Architekt Egon Eiermann (undatiertes Archivfoto). Er war Schöpfer der Berliner Gedächtniskirche, des berühmten Klappstuhls "SE 18" und einer der wichtigsten Impulsgeber des modernen Bauens im Nachkriegsdeutschland - am 29. September wäre Eiermann (1904 - 1970) 100 Jahre geworden. (Foto: dpa) A0009 dpa

Karlsruhe/dpa. - Er war der Architekt der BerlinerGedächtniskirche, Schöpfer des berühmten Klappstuhls «SE 18» undeiner der wichtigsten Impulsgeber des modernen Bauens imNachkriegsdeutschland: Egon Eiermann (1904-1970), der am 29.September 100 Jahre alt geworden wäre.

Seinen internationalen Ruf begründete der Vorzeige-Architekt derjungen Demokratie 1958 mit dem Bau des Deutschen Pavillons auf derWeltausstellung in Brüssel. Die Glaspavillons, die er mit Sep Rufbaute, standen in krassem Gegensatz zur nationalsozialistischenMonumentalität eines Albert Speer.

Bedeutende Aufgaben im In- und Ausland folgten: dieterrassenartige, mit Gestängen umgebene Deutsche Botschaft inWashington (1958-1964) und das Bonner Abgeordnetenhaus 1965-1969, imVolksmund «Langer Eugen» genannt. Furore machte Eiermann auch mitIndustriebauten wie dem auf einem kelchartigen Sockel stehendenVerwaltungs- und Ausbildungszentrum der Deutschen Olivetti inFrankfurt. Kritik handelte er sich vor allem für die lautArchitekten-Kollegen «unglückselige Fassadenverkleidung» der Horten-Kaufhäuser ein.

Eiermanns bekanntester und wohl auch umstrittenster Bau ist dieGedächtniskirche in Berlin. Nach massivem Widerstand der Berliner saher vom Abbruch der Turmruine des wilhelminischen Vorgängerbaus ab undergänzte den Stumpf durch eine achteckige Kirche, einen sechseckigenTurm und eine rechteckige Kapelle. Der meist diskutierte KirchenbauDeutschlands, von den Berlinern als «Eierkiste» oder «Puderdose undLippenstift» bespöttelt, wurde 1961 vollendet. Heute ist die KircheSymbol der Stadt und weltweites Paradebeispiel moderner Architektur.

Der in Neuendorf (heute: Potsdam-Babelsberg) geborene Eiermannstudierte Architektur an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg. Der Meisterschüler von Hans Poelzig errichtete Mitteder 1930er Jahre vor allem Wohn- und Industriebauten. Von 1947 bis1970 lehrte Eiermann an der Technischen Hochschule in Karlsruhe.

Vielseitigkeit, Funktionalität und Präzision bis ins Detailzeichneten sein Schaffen aus. Der Klappstuhl «SE 18» wird seit 1953ununterbrochen in Serie gebaut. Weniger Erfolg hatte er mit seinenkubischen, kistenartigen Särgen, die er vergeblich Bestattern anbot.Als der zwei Mal verheiratete Vater zweier Kinder 1970 in Baden-Badenstarb, wurde er in einem Sarg nach eigenem Entwurf beerdigt.

Zu seinem 100. Geburtstag wird der Architekt mit einerSonderbriefmarke und der ersten großen Gesamtschau geehrt. Die vomSüdwestdeutschen Archiv für Architektur und Ingenieurbau (saai)ausgerichtete Ausstellung «Kontinuität der Moderne» ist noch bis zum9. Januar 2005 in der Städtischen Galerie in Karlsruhe und vom 29.Januar bis 16. Mai 2005 im Bauhaus-Archiv in Berlin zu sehen.