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"Durchbruch" stößt auf große Skepsis

Von Antonie Städter 11.07.2008, 20:01

Genthin/MZ. - Als "Durchbruch" und "eindeutigen Erfolg" hat Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Reiner Haseloff (CDU) gestern die Gespräche mit der Konzernspitze von Henkel in Düsseldorf bezeichnet. "Wir wollen gemeinsam den Industriestandort Genthin sichern und entwickeln", sagte er gegenüber der MZ. Dafür sei eine Projektgruppe gebildet worden, die Neuansiedlungen auf dem Henkel-Werksgelände vorantreiben soll. Dies werde sowohl das Land als auch der Konzern finanziell unterstützen. So sollen neue Arbeitsplätze geschaffen werden. "Die Chancen dafür stehen gut", so Haseloff.

Zudem sei man sich einig, dass Henkel für Produkte, die in der Genthiner Granulatanlage und dem sogenannten vierten Betrieb hergestellt würden, auch unter einem neuen Eigentümer eine Abnahmegarantie übernehmen werde. Das betrifft etwa 50 der 240 Beschäftigten. An den Plänen von Henkel, das Werk in Genthin bis Ende 2009 zu schließen, hat sich aber auch gestern nichts geändert.

Genthins Bürgermeister Wolfgang Bernicke (parteilos) zeigte sich enttäuscht. Natürlich sei es positiv, wenn Politik und Konzern gemeinsam für Neuansiedlungen werben. Doch dass das Unternehmen aus Genthin weggehe, sei für die Stadt "ein Totalverlust". Nicht nur, was die Arbeitsplätze angehe. Das sei eine Prestigefrage. "Wenn irgendeine Lieschen-Müller-GmbH das Firmengelände besiedelt, ist das nicht zu vergleichen mit dem Henkel-Logo", betont Bernicke.

Die Betroffenheit in der Stadt sei groß. Es gebe eine "große Welle der Solidarität". Bei einem Fackelzug durch Genthin und einer Kundgebung vor dem Stadtkulturhaus, dem historischen Eingang des Henkel-Werkes, protestierten gestern Abend rund 2 000 aktive und ehemalige Mitarbeiter sowie Einwohner der Stadt gegen die Schließung. Auch Minister Haseloff war gekommen und informierte vor Ort über seine Gespräche mit dem Konzern.

Betriebsrats-Chef Fritz Franke setzt nun alle Hoffnungen auf die Prüfung der Konzernangaben zu den Kosten des Standortes, die ausschlaggebend für den Schließungsplan gewesen sind. "Der Gutachter wird nächste Woche bestellt", so Franke. In der Zeit der Prüfung, die sich über mehrere Wochen erstrecken wird, werde der Betriebsrat keine Personalgespräche und Sozialpläne zulassen. Zudem plane man mit der Industriegewerkschaft Bergbau Chemie Energie (IG BCE) und der Stadt weitere Aktionen. Ein Streik ist laut Franke nicht vorgesehen: "Die Mitarbeiter sind gewillt, ihren Job weiter gut zu machen." Man werde "konstruktiven Druck" aufbauen, sagt auch Dirk Lehnert von der IG BCE.