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Dresden Dresden: Der Gesichtermaler Curt Querner illustriert seine Zeit

Von Andreas Montag 25.06.2004, 15:48

Dresden/MZ. - Diese Gesichter haben etwas Magisches. In klarer, schmerzlicher Schönheit begegnen sie dem Betrachter und verwickeln ihn in die wichtigste Angelegenheit des Künstlers Curt Querner: Das Leben der einfachen Menschen, von denen er selber herkam.

Dieses Thema prägt sein geschlossenes malerisches Werk, das bisher nur wenig gewürdigt worden ist. In der Dresdner Galerie Neue Meister an der Brühlschen Terasse wird es noch bis Ende Juli präsentiert. Drei Gruppen von Bildern sind es, die dabei miteinander korrespondieren: Porträts, Selbstporträts und wiederkehrende Landschaften aus Querners sächsischer Heimat.

Die Landschaftsbilder tragen zunehmend expressive Züge, was den bekennenden Kommunisten Curt Querner (1904-1976) in den 50er Jahren sicher verdächtig gemacht hat bei den Kunst-Wächtern der Einheitspartei, die überall Formalismus und Abweichlertum witterten. 1952 hatte der Maler u. a. noch in der renommierten halleschen Galerie Henning ausgestellt, 1953 wurden seine Bilder aus der III. Deutschen Kunstausstellung der DDR im Albertinum hinaus komplimentiert. Am gleichen Ort erinnert die große Gemäldeschau nun an Querners 100. Geburtstag.

Das innige, fast schon obsessive Hingezogensein zu kargen Porträts und Selbstporträts strukturiert dieses eindrückliche Werk, dem schmückende (aber auch ablenkende) Interieurs fremd sind. Die Gesichter, die Hände, die Körper erzählen die soziale Geschichte, die Lebensverhältnisse mit, ohne dass es noch weiterer malerischer Handreichungen bedürfte. Die hügeligen Landschaften Sachsens indes, vor deren Hintergrund Querner seine bäuerlichen Protagonisten gern stellt, beglaubigen die strenge Methode eher noch, als dass sie ihr widersprächen.

Irritierend dagegen wirken neben den Landschafts- und Menschenbildern (einschließlich der kräftigen, sinnlichen Akte) Querners Versuche, Politik zu diskutieren. Man kann sie heute freilich auch als sehr weitsichtig ansehen: "Der Agitator" von 1931 etwa zeigt einen indifferenten Mann, der eine unsichtbare Menge zu überzeugen sucht - wovon auch immer. Er könnte Kommunist wie Nazi sein.

Wo Querner nahe bei den Menschen (und nicht auf Interpretation angewiesen) ist, hat er die größte Kraft. Erfährt man, dass Mutter wie Vater des Malers taubstumm waren, wird man den faszinierenden, fast quälerischen Drang, in Gesichtern (und im eigenen Gesicht) zu lesen, besser verstehen. Hinreißend schön ist das 1948 gemalte "Elternbild", in dem sich aller Schmerz und alle Entbehrung des Paares, harte Arbeit, Krieg und Hunger nicht nur spiegeln, sondern zu einem großen Zeitbild weiten.

Der Maler hat sich in seiner Reduktion auf das Wesentliche als ein poetischer Pragmatiker erwiesen, seine Bilder und Selbstbildnisse illustrieren Querners 20. Jahrhundert. Er selbst, immer skeptisch, immer scharf beobachtend, begreift sich in der Rolle des Zeugen. Als Ideologe war der Mann nicht zu gebrauchen. Als selbstbestimmter Charakter ragt er heraus. Als Maler ist er eine Entdeckung.

Albertinum, Brühlsche Terasse, bis 26. Juli täglich (außer dienstags) von 10 bis 18 Uhr