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Doku über Nirvana-Sänger Kurt Cobain Doku über Nirvana-Sänger Kurt Cobain: "Schnall dich besser an Kurt!"

Von Mike Händler 30.05.2015, 20:01
Aus einer Pose wurde Ernst: Nirvana-Frontmann Kurt Cobain erschoss sich 1994.
Aus einer Pose wurde Ernst: Nirvana-Frontmann Kurt Cobain erschoss sich 1994. Youri Lenquette/Arts Alliance/dpa Lizenz

Halle (Saale) - „Montage of Heck“ rekonstruiert das kurze Leben des Musikers Kurt Cobain, der mit seiner Band Nirvana Musikgeschichte geschrieben hat.

Kurt Cobain diente Zeit seines Lebens und darüber hinaus als Projektionsfläche des rebellischen Rockstars. Seine Band „Nirvana“ spielte in den Neunzigern aufregende Musik: „Grunge“ wurde das Etikett ihrer zornigen Songs, der als Opposition zum Stadionrock mit seinen dauergewellten Ledergestalten galt. Der Suizid des Sängers beendete 1994 eine nicht enden wollende Erfolgsgeschichte, Cobains Tod hinterließ Raum für Dichtung und Wahrheit.

Der Dokumentarfilm „Montage of Heck“ („Collage aus der Hölle“) präsentiert ein ungefiltertes und beeindruckendes Porträt des Künstlers, das frei von Glorifizierung und emotionalem Kitsch ist. Regisseur Brett Morgen erhielt Zugang zu Kurt Cobains Nachlass, unkommentiert bilden Interviews, Fotos und Videos sowie Tagebuch-Einträge und besprochene Audiokassetten ein chronologisch aufbereitetes Mosaik, das Cobain fast greifbar erscheinen lässt. Und die Stücke der Band kommen als grandioser Soundtrack hinzu.

Die Geschichte des kleinen blonden Jungen aus Aberdeen im Bundesstaat Washington beginnt mit idyllischen Aufnahmen der Familie Cobain. Schon früh sieht man den Dreikäsehoch mit diversen Instrumenten hantieren. Als sich Kurts Eltern Wendy und Don scheiden lassen, folgte für den Neunjährigen eine traumatische Zeit.

Aufgrund seiner Hyperaktivität wurde er zum Spielball der Erwachsenen. Mal lebte Kurt bei der Mutter, dann beim Vater und schließlich bei Verwandten. Kompensation suchte er als Jugendlicher im Marihuana-Rausch, in dieser schwierigen Phase folgte bereits der erste Selbstmordversuch.

Albtraum-Clips zu Nirvana-Klängen

Sein künstlerisches Talent nutzte Kurt Cobain als Ausdrucksmöglichkeit für die Auseinandersetzung mit Familie, Gesellschaft und Politik. Regisseur Morgen verbindet mehrfach Skizzen, Skulpturen und Zitate, unterlegt mit Nirvana-Klängen, zu wahren Albtraum-Clips, die die verstörte Innenwelt des Protagonisten zeigen.

Trotz allem besaß er einen ausgeprägten Sinn für Humor, den der Dokumentarfilm des Öfteren offenbart. Die Liebe zur Punkmusik wurde schließlich der Katalysator für all seine aufgestaute Wut. So fand Kurt mit der umgehängten Fender-Gitarre als Musiker seine Bestimmung und schrieb Rocksongs, die zuerst eine Handvoll Leute in schmuddeligen Klubs in Seattle zu Gehör bekamen. Facettenreich erzählt „Montage of Heck“ den Werdegang von Nirvana seit der Gründung im Jahr 1987. Zeitgleich begann Kurt Cobains Heroinsucht, von der er nicht mehr loskommen sollte.

Medienhatz auf „Traumpaar“ des Grunge

Mit Videoschnipseln, Interviews und der Entstehung ihrer Kompositionen kommen hier vor allem Musikfans auf ihre Kosten. Krist Novoselic, Bassist und Gründungsmitglied der Band, erzählt, wie sensibel der Nirvana-Frontmann auf Kritik und Herablassung reagierte.

Das Lied „Smells like Teen Spirit“ bedeutete 1991 den Durchbruch. Die anschließende Projektion der Sehnsüchte von Fans, die mediale Aufmerksamkeit und Anfeindungen aus der US-Politik überforderten Kurt Cobain zusehends. Seine Beziehung zu Courtney Love befeuerte zusätzlich eine regelrechte Medienhatz auf das „Traumpaar“ des Grunge.

Brett Morgen erreicht mit seiner akribischen Recherche eine Revision der Ereignisse um das stets misstrauisch beäugte Liebespaar Cobain/Love. Privatvideos zeigen den Alltag des Paares, später auch mit ihrem Baby Frances Bean - demgegenüber stellt der Regisseur reißerische Berichterstattungen der Boulevard-Medien. Drohanrufe, verzweifelte Tagebuch-Einträge und Paranoia waren Cobains Reaktion. Vielleicht hatte dessen Mutter Wendy recht, als sie nach dem ersten Anhören des Albums „Nevermind“ zu ihrem Sohn sagte: „Schnall dich besser an, Kurt! Dafür bist du nicht bereit…“. (mz)

„Kurt Cobain: Montage of Heck“ ist am 28. Mai auf auf DVD und Blu-ray erschienen.