documenta documenta: Politisch konzipierte Schau mit geteiltem Echo

Kassel/dpa. - Das Anprangern von Missständen sei zwar gut, auf der politischkorrekten Schau aber sei die Kunst ins Hintertreffen geraten, hießes.
«Ja, es bringt etwas, weil die Probleme dieser Länder einerbreiteren Öffentlichkeit zugänglich werden», meint der aufafrikanische Kunst spezialisierte Berliner Galerist Peter Herrmann.Zugleich aber werde die Kunst missbraucht. Die in Kassel ausgestellteBetroffenheitskunst stoße in der Bevölkerung auf Ablehnung. «Dass dieKolonialzeit an allem schuld ist, will keiner mehr hören.» Das seinicht die Diskussionsebene, auf der der Westen heutzutage mitafrikanischen Ländern umgehe.
Die documenta illustriert nach Ansicht des Galeristen zwarProbleme, biete aber keine Visionen zu ihrer Lösung. «Wenn die Leutesich ein paar nette Bilder über Kamerun angeguckt haben, wem bringtdas etwas?» Auf der Ausstellung gebe es einen unglaublichen Überhangdes reinen Dokumentarfilms. «Was macht das auf einer documenta?»,fragt Herrmann.
«Mit Blick auf die Menschenrechte ist das Konzept der Ausstellungpositiv», sagt die Referentin für audio-visuelle Medien derMenschenrechtsorganisation Amnesty International, Brita Lax-Engel,«prinzipiell finden wir das gut, das trägt zur Bewusstseinsbildungbei.» Amnesty habe deshalb Interesse gehabt, sich an der documenta 11zu beteiligen, auf mehrfache Anfragen von den Organisatoren aber nieeine Antwort erhalten. Ob die documenta als Kunstschau auf die Lagein Entwicklungsländer wirklich Einfluss habe, lasse sich schwerbeurteilen. «Es ist die Frage, ob die Kunst sich so in den Dienstsolcher Überlegungen stellen sollte.»
Interesse am Blick der documenta auf die Dritte Welt zeigte auchdas Hilfswerk Misereor, das in Kassel mit einer künstlerischgestalteten Straßenbahn für den Frieden in der Welt warb. Da derdocumenta-Chef Frieden, Versöhnung und Globalisierung zum Themawählte, habe Misereor Kontakt zu der weltlichen Ausstellung gesucht,sagt Misereor-Sprecher Georg Larscheid. Die Hoffnung sei gewesen,dass die Schau der Darstellung des Themas in der Öffentlichkeitdiene. Misereor wolle der documenta auch für die Zukunft eineZusammenarbeit zur besseren Präsentation von Drittwelt-Künstlernvorschlagen.
Ein gestiegenes Interesse an der documenta verzeichneten dieAusstellungsmacher bei Journalisten nichtwestlicher Medien. Vor allemaus Lateinamerika und Afrika seien mehr Reporter als sonst nachKassel angereist, sagt der documenta-Sprecher, «das liegt sicher auchdaran, dass die Themen und Herangehensweise interessant sind.» Wegendes Schwerpunkts der documenta 11 sei erstmals eine Zusammenarbeitmit Stiftungen der wirtschaftlichen Entwicklungshilfe vereinbartworden. Unterstützung kam von der Ford-Foundation und dem PrinceClaus Fond.