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Dieter Noll Dieter Noll: Autor von «Werner Holt» wird 80

Von Wilfried Mommert 28.12.2007, 12:21

Berlin/dpa. - DieSchriftsteller unter ihnen haben darüber teilweise bedeutende Büchergeschrieben wie zum Beispiel Günter Grass oder in der DDR Dieter Noll(«Die Abenteuer des Werner Holt»), der an diesem Montag (31.Dezember) seinen 80. Geburtstag feiern kann. Der fotoscheue Autorlebt heute zurückgezogen in Wernsdorf bei Berlin.

Auch wenn man von einem literarischen Vergleich mit demNobelpreisträger absehen will, so hat jeder der beiden Autoren seineeigenen Lehren aus den traumatischen Jugenderlebnissen gezogen,literarisch wie gesellschaftspolitisch entweder in der Bundesrepublikoder in der DDR.

Der am 31. Dezember 1927 im sächsischen Riesa geborene Noll wurdewie viele seiner Altersgenossen noch als Schüler 1944 als Flakhelferzur Wehrmacht eingezogen. Aus amerikanischer Kriegsgefangenschaftzurückgekehrt, trat er mit nicht einmal 20 Jahren der KPD und späterder SED bei. Sein zweibändiger, autobiografisch geprägter «Romaneiner Jugend», wie der Untertitel des Buches «Die Abenteuer desWerner Holt» (1960 und 1963) lautet, gehörte zu den «lesbarstenPflichtlektüren» in den Schulen der DDR. Der Roman ist noch heute einKlassiker der deutschen Antikriegsliteratur, verfasst von einemSchriftsteller, der sich später im ideologischen Kampf der Systemezwischen Ost und West nicht zu schade war, renommierte Kollegen, dieanders dachten als er, mit herabsetzenden Beleidigungen zu belegen.

Noll schildert die widersprüchlichen Erfahrungen und Erkenntnissesowie die Um- und Irrwege einer Generation, in seinem Fall bis zumSozialismus als neuer Lebens- und Gesellschaftsperspektive. Hungrignach Abenteuern und Bewährung zogen sie an die Front, manche sogar inPanzerdivisionen der SS, und erlebten dabei ihre völligeDesillusionierung und den moralischen Zusammenbruch einer ganzenGesellschaft. In einem zertrümmerten Land standen sie vor einerungewissen Zukunft. «Die Abenteuer des Werner Holt» erzielten auch inder Bundesrepublik eine große Aufmerksamkeit und erreichten bis heuteeine Auflage von fast vier Millionen Exemplaren. Der auch verfilmteRoman ist im Berliner Aufbau-Verlag immer noch lieferbar. Mit seinemletzten großen Werk, «Kippenberg» (1979), konnte Noll nicht mehr anden großen Erfolg anschließen.

Schlimmer noch als die später ausgebliebenen schriftstellerischenErfolge dürfte den DDR-Nationalpreisträger Noll sein unseliger«Offener Brief» an den DDR-Staats- und Parteichef Erich Honecker 1979geschadet haben, in dem er Kollegen wie Stefan Heym, Joachim Seyppelund Rolf Schneider als «kaputte Typen» denunzierte, die dann auch imGefolge der Biermann-Ausbürgerung aus dem DDR-Schriftstellerverband(unter Hermann Kant) ausgeschlossen wurden. Auch wohlwollendeKritiker meinten später, der Brief werde Noll noch anhängen, wenn vonseinen Büchern eher weniger die Rede sein wird. «Die Partei hat immerRecht» - der Widerstreit zwischen Wahrheit und Parteilichkeit,ehrlichem, offenem Bekenntnis und Opportunismus hat auch einen DieterNoll immer mehr verstummen lassen. Auch wenn er, wie er auch zuseinem 75. Geburtstag beteuerte, sich weiter als Kommunist fühle. «Eshat sich nichts an meiner inneren Haltung geändert.»