Dieter Noll Dieter Noll: Autor von «Werner Holt» wird 75 Jahre alt
Berlin/dpa. - Nach seinem Debüt «Die Abenteuer des Werner Holt» war der ostdeutsche Schriftsteller Dieter Noll ein berühmter Mann. Die Literaturkritik zählt den weitgehend autobiografischen Roman zu den Klassikern der deutschen Antikriegsliteratur. Dass Noll, der am Silvestertag (31. Dezember) 75 Jahre alt wird, nach dem Mauerfall zu den im deutschen Schriftstellerverband «nicht erwünschten» Ost-Autoren gehörte, steht auf einem anderen Blatt. Als «linientreuer» Genosse hatte er zu DDR-Zeiten Kollegen wie Stefan Heym, Joachim Seyppel und Rolf Schneider wegen ihres Protestes gegen die Biermann-Ausbürgerung als «kaputte Typen» beschimpft, die «emsig mit dem Klassenfeind kooperieren, um sich billige Geltung zu verschaffen».
Mit dieser Denunziation in Form eines Briefes an SED- Generalsekretär Erich Honecker, den das «Neue Deutschland» 1979 veröffentlichte, habe Noll sich selbst am meisten geschadet, meinten nach der Wende nicht nur die Betroffenen. Einer wiederholt geforderten Erklärung zu seinem Verhalten verweigerte sich der Autor bis heute. Noll hüllte sich in Schweigen. Nach der Wiedervereinigung schrieb er kein einziges neues Buch. Ein «paar Kleinigkeiten», wie er es nennt, hat er in jüngster Zeit dennoch verfasst - als Mitglied des «RotFuchs»-Fördervereins für sozialistische Bildung. «Ich fühle mich weiter als Kommunist. Es hat sich nichts an meiner inneren Haltung geändert», sagte er der dpa.
«Die Abenteuer des Werner Holt» (1960) erreichten eine Auflage von rund zwei Millionen Exemplaren. Leser fanden sich auch nach der Wende. 50 000 Exemplare ließ der Berliner Aufbau-Verlag seit 1990 drucken. In dem «Roman einer Jugend», so der Untertitel, schilderte Noll das Schicksal seiner eigenen Generation: Hungrig nach Abenteuern und Bewährung zogen die jungen Männer von der Schulbank weg an die Front. Im Inferno der Rückzugsschlachten erlebten sie ihre völlige Desillusionierung und den moralischen Zusammenbruch. Im Mai 1945 standen sie vor einem zertrümmerten Land und einer ungewissen Zukunft.
In einem zweiten Band «Roman einer Heimkehr» (1963) stand die schwierige Entscheidung des Jung-Landsers Holt für das sozialistische Deutschland im Mittelpunkt. Nolls letztes großes Werk war «Kippenberg» (1979). Trotz kritischer Passagen glich es thematisch mehr einer Plakatierung von Parteibeschlüssen. Der Titelheld, ein Chemiker, bemüht sich gegen den Widerstand seiner bürgerlichen Chefs sowie staatlicher Überbürokratisierung seine Forschungsergebnisse durchzusetzen, mit denen Millionen Mark gespart werden könnten. Sowohl der Holt-Roman als auch «Kippenberg» wurden verfilmt.
Noll wurde am 31. Dezember 1927 in Riesa (Sachsen) als Sohn eines Apothekers geboren. Als Vierzehnjähriger wurde er von seiner Mutter getrennt, die aus rassischen Gründen in der Nazi-Zeit ihre «halb- arischen Kinder» nicht erziehen durfte. Nach dem Krieg studierte er Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie in Jena. Erste Schreibversuche fielen in die frühen 50er Jahre. Der Autor lebt in Ziegenhals bei Berlin.