"Die Wikinger"-Ausstellung "Die Wikinger"-Ausstellung: Kunst der starken Männer im Berliner Martin-Gropius-Bau

berlin - Aus dem Fernsehen kennt ihn fast jedes Kind - und jeder Erwachsene, der seine Kindheit nicht mit dem Eintritt in die bierernste Welt der Großen abgegeben hat: „Wickie und die starken Männer“ erzählt von einem pfiffigen Jungen, der weniger rauflustig als die Männer seines Dorfes ist, dafür viel gescheiter. Nun gibt es im Berliner Martin-Gropius-Bau, nicht weit vom Potsdamer Platz gelegen, die Ausstellung „Die Wikinger“ zu sehen - eine Kooperation der Staatlichen Museen Berlin mit dem Dänischen Nationalmuseum Kopenhagen und dem Britischen Museum in London. Hier kann man die Hinterlassenschaft der sagenhaften Helden aus Skandinavien in Augenschein nehmen, die zwischen dem neunten und elften Jahrhundert nach Christus für einigen Alarm in Europa gesorgt haben und sogar bis nach Amerika gekommen sein sollen.
Intelligent und geschickt
Was unmittelbar ins Auge springt: Solche Burschen wie den aufgeweckten Wickie müssen sie wirklich gehabt haben: Intelligente, handwerklich geschickte Leute also. Und natürlich auch kühne Seefahrer und Krieger, die nicht gerade zimperlich umgingen mit anderer Leute Leben, Hab und Gut.
In der Literatur findet man zahlreiche Interpretationen, wer diese Wikinger eigentlich waren. Da geht es schon mit den Fragen los: Meint man im engeren Sinne die Wikinger als Seefahrer und raubende Raufbolde - oder geht es um die Zeit, zu der sie lebten? Es scheint jedenfalls, dass das Bild durchaus uneinheitlich bleiben muss.
Einerseits muss es sich bei den Wikingern um Leute gehandelt haben, die aus Abenteuer- und Bereicherungslust zu Raubzügen entlang der Küsten aufbrachen, sich später aber eine sesshafte, bäuerliche Existenz aufbauten. Andere Wikinger blieben bei der Räuberei und waren deshalb dann auch in der Heimat nicht mehr wohlgelitten. Hier mögen die Missionare, die den „heidnischen“ Norden Europas erschlossen, eine Rolle gespielt haben. Sie brachten den christlichen Glauben unter das Volk, beförderten aber zugleich den Austausch von Waren und Techniken.
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Die Berliner Schau belegt anhand zahlreicher, prächtiger Objekte von unterschiedlichen Fundorten in ganz Europa, über welche Talente die Wikinger verfügten. Und die Ausstellung ist, wie fast immer im Gropius-Bau, eindrucksvoll inszeniert. Im Atrium empfängt den Besucher ein 37 Meter messendes Langschiff - oder das, was von ihm geborgen werden konnte. Gebettet in ein Stahlkorsett, das die ursprüngliche Größe des hölzernen Bootes hat, lassen die verbliebenen Planken wenigstens eine Ahnung davon zu, wie stolz die „Roskilde 6“ einmal ausgesehen haben muss.
Und während man eben noch staunend auf diese Rekonstruktion geblickt hat, wird man anschließend von einer Video-Installation angezogen. Sie zeigt einen Mann, der sich für sein kriegerisches Tagwerk als Wikinger kleidet: Über wollene, hemdartige Gewänder wird ein Kettenhemd gezogen, sorgfältig befestigt der junge Mann einen Gürtel, der sein Schwert trägt. Ein geschmiedeter Helm und ein Schild komplettieren das mittelalterliche Outfit. Diesem Kämpfer möchte man nicht in die Quere kommen, das teilt sich ebenso mit wie seine Kraft und sein Stolz.
Mythos ist ungebrochen
Wie arg die Wikinger auch dort, wo sie auf ihren Beutezügen landeten, gewütet haben mögen (zeitgenössische Chroniken berichten davon), so ungebrochen ist doch ihr Mythos. Daran will auch die Schau in Berlin natürlich nicht rütteln, im Gegenteil. Zahlreiche der Exponate bezeugen die Begabungen der Wikinger und ihrer Zeitgenossen. Ihre Goldschmiedekunst allein belegt den hohen Stand dieser Kultur, deren Grundlagen nicht allein die Seefahrerei und das Plündern gewesen sind. Imposant sind auch die Zeugnisse monumentaler Bauten, die im Auftrag der Könige zur Wikingerzeit errichtet wurden.
Einen Höhepunkt gibt es noch, kurz vor dem Ausgang: Hier baut ein geduldiger Mann vor den Augen des Publikums an einem Boot. Faszinierend. Vor diesem Raum durchmisst man allerdings einen anderen, in dem es Kataloge und Geschenkartikel zur Schau gibt. Da blicken die Kinder begehrlich wie richtige Wikinger. Man sollte es aber vorher wenigstens wissen. (mz)
Bis zum 4. Jan. 2015, Gropius-Bau Berlin, Niederkirchnerstr. 7, Mi-Mo 10-19 Uhr, Di geschlossen; Eintritt 12, erm. 6 Euro, bis 18 Jahre frei.


