Der Sohn der großen Bärin Der Sohn der großen Bärin: Schauspieler Gojko Mitic wird 75 Jahre

Schwedt - Nach Tod und Verrat beschließt To-kei-ihto, Häuptling der Bärenbande vom Stamme der Oglala, um 1876 die Reservation zu verlassen und mit seinen Getreuen nach Kanada zu ziehen. Doch dort lauert ihnen Bösewicht Red Fox auf. In einem letzten Zweikampf kann To-kei-ihto, der Sohn der großen Bärin, den Mörder seines Vaters besiegen.
Feldherr Hans Georg von Arnim kämpft im Dreißigjährigen Krieg an der Seite Wallensteins gegen untote Wikinger, Marodeure und einen feuerspeienden Drachen. Es ist eine Geschichte um politische Intrigen, Mord, Verrat und den Sieg der Liebe.
Mitic feiert Geburtstage nicht gerne
Zwischen beiden Ereignissen liegen nicht etwa reichlich 200, sondern exakt 50 Jahre. Als Gojko Mitic in Babelsberg und Jugoslawien für „Die Söhne der großen Bärin“ vor der Kamera steht, ist er 25 Jahre alt. Wenn das Fantasy-Spektakel „Die Verschwörung von Chorin“ mit Gojko Mitic in der Rolle des Grafen von Arnim am kommenden Freitag an den Uckermärkischen Bühnen Schwedt Premiere hat, ist der Filmstar fast 75. Mit seinen Kollegen vom Theater wird er nach der Aufführung in seinen runden Ehrentag hineinfeiern. Den Rest des 13. Juni hätte er lieber für sich allein. „Ich habe noch nie gern Geburtstage gefeiert“, gesteht er bei einem Gespräch in der Probenpause. Doch es ist fraglich, ob er in diesem Jahr auf Rücksicht hoffen darf.
Gojko Mitic ist ein Phänomen. Als edler, tapferer und schöner Indianerhäuptling löst er schon mit dem ersten, nach Vorlagen von Lieselotte Welskopf-Henrich gedrehten Defa-Indianerfilm Begeisterung aus. Rund sechs Millionen Zuschauer strömen 1966, dem Jahr der Erstaufführung, in die „Söhne der großen Bärin“. Knapp zehn Millionen sind es später insgesamt. Und das bei gerade 17 Millionen Einwohnern im kleinen Ostdeutschland. Weitere elf Defa-Indianerfilme folgen bis 1983.
Ob Gojko Mitic geahnt hat, dass er ein Leben lang Indianer bleiben wird, erfahren Sie auf der nächsten Seite.
Schon nach dem vierten will Mitic auf die Bremse treten. In „Weiße Wölfe“ (1969) lässt er sich als Weitspähender Falke auf eigene Anregung erschießen. Doch das war eher kurz als weit gespäht. Die Fans sind erschüttert. Es hagelt Protestbriefe. „Tödlicher Irrtum“, so die passende Fortsetzung der Filmemacher, bringt Gojko Mitic ein Jahr später auf die Leinwand zurück. Doch die Zuschauer wollen mehr.
Der Defa-Chefindianer
Der in Serbien geborene Mitic wird über zwei Jahrzehnte zu einem geliebten positiven Helden. Bis heute kann er Bezeichnungen wie Defa-Chefindianer oder Berufsindianer nicht abstreifen. Der Rothaut-Boom von damals lässt sich wohl am ehesten mit der Harry-Potter-Hysterie von heute vergleichen. Auch da hoffen die Fans auf eine unendliche Geschichte.
Hat Gojko Mitic damals geahnt, dass er ein Leben lang Indianer bleiben wird? Vermutlich nicht. Heute weiß er es. Und er nimmt es locker. „Hätte es To-kei-ihto nicht gegeben, wäre ich heute nicht Graf Arnim.“ Und wahrscheinlich auch nicht der Terry in „Signale – ein Weltraumabenteuer“ (1970), nicht „Spartacus“ im Bergtheater Thale (1975), nicht der feurige Italiener Roberto Fiorani in mehr als hundert Fernsehfolgen „Verbotene Liebe“ (1996 bis ’97) und letztlich auch nicht Alexis Sorbas.
Vor sechs Jahren übernahm Mitic am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin die Titelrolle im Broadway-Musical „Sorbas“. Die Figur des freiheitsliebenden Griechen sei ihm besonders nahe, sagt er. „Sorbas ist ein Lebenskünstler. Er bekommt nichts geschenkt. Aber er kann sich an den einfachen Dingen des Lebens erfreuen. Er ist ein glücklicher Mensch.“
Immer wieder hat er versucht, aus der Schublade des Defa-Indianers herauszuspringen. Gelungen ist es ihm nicht. Denn längst haben die Rothäute auch vom privaten Mitic Besitz ergriffen. Das Leben der Indianer interessiert ihn seit seiner Kindheit. Als Junge hat er Karl Mays „Winnetou“-Trilogie verschlungen. Als Anfang der 60er Jahre im Raum Belgrad die ersten deutschen Winnetou-Filme entstanden, erhielt auch der athletische Sportstudent Mitic aus dem nahen Strojkovce (heute Serbien) eine Chance. Mit seinen Stunts fiel er den Filmemachern ins Auge. „Unter Geiern“ war er dann schon Häuptling Wokadeh, spielte eine Nebenrolle an der Seite der Filmlegenden Pierre Brice und Lex Barker und tauchte als Georg Mitic im Abspann auf.
Authentische Ost-Indianer
Wie gut, dass man in Babelsberg zeigen wollte, dass solche Genre-Filme im Sozialismus mindestens genauso gut, eigentlich aber besser gelingen. „Karl May war ein wunderbarer Fantast, aber Winnetou war eben nur eine fiktive Gestalt“, urteilt Mitic. Ganz anders als die Ost-Indianer. „Bei Osceola und Tecumseh handelt es sich um historische Personen. Viele Filme basieren auf tatsächlichen Ereignissen. Das indianische Leben entsprang nicht der Fantasie eines Schriftstellers, sondern war so authentisch wie möglich abgebildet.“ Fachleute sprechen gar von anthropologisch korrekter Rekonstruktion.
Mehr als tausend Meilen ist Mitic selbst durch das Land der Prärie-Indianer getourt. Lesen Sie mehr dazu auf der nächsten Seite.
Nach all den Filmen will Gojko Mitic aber mehr wissen. Zwei Mal fährt er zu Beginn des Jahrtausends zu den Originalschauplätzen der Filmhandlungen. Mehr als tausend Meilen tourt er durch das Land der Prärie-Indianer. In ihren Reservationen besucht er die Sioux und die Blackfeet. In Süd-Dakota und Montana trifft er auf die Nachfahren der roten Männer, die er einst selbst verkörperte. Er wohnt bei ihnen und begleitet sie zu ihren heiligen Stätten. Und er zeigt ihnen seine Filme. Sie sind angetan von der positiven Darstellung ihres Volkes und der stolzen Erscheinung des Häuptlings. „Du bist einer von uns“, hört Mitic.
Es ist eigentlich nur logisch, dass Gojko Mitic bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg die Nachfolge von Pierre Brice antritt und von 1992 bis 2006 den Winnetou gibt. Niemand sonst hätte es so überzeugend tun können. Mehr als 250.000 Zuschauer jährlich jubeln ihm in 15 Spielzeiten zu. Als Apachenhäuptling Intschu-tschuna hängt er im Sommer 2013 noch eine Saison an.
Privatleben bleibt Privatsache
Seit mehr als 50 Jahren ist die Rothaut mit deutschem und serbischem Pass nun auf Bühne, Bildschirm und Leinwand präsent. Fans glauben, alles von ihr zu wissen. Doch sein Privatleben hält Gojko Mitic aus der Öffentlichkeit. Für wenige Jahre ist Schauspielkollegin Renate Blume - im Streifen „Ulzana“ in der Rolle der Leona - an seiner Seite. Jüngst wurde bekannt, dass er eine erwachsene Tochter hat. Mitic lebt in Berlin-Köpenick. Nicht allein, wie er sagt, denn es gibt Freundinnen. Doch: „Die Liebe ist wie ein Schmetterling, der sich setzt und dann wieder wegfliegt...“
Hat Tokei-ihto den Federschmuck jetzt endgültig abgelegt? Natürlich nicht. „Der nächste Indianerfilm ist fest geplant. Die Verträge sind schon unterschrieben.“
Tatsächlich soll es eine Neuverfilmung von „Winnetou“ für das Fernsehen geben. In welcher Rolle Gojko Mitic dann die Friedenspfeife raucht, ist noch nicht ganz klar, aber: „Winnetou wird es sicher nicht sein. Dazu bin ich ein Jahr zu alt.“ Leider. Denn fit genug wäre der Schauspieler. Mindestens jeden zweiten Tag fährt der Wahl-Berliner Rad oder Kajak. Am liebsten beginnt er den Tag mit einem Bad im See. „Wenn ich morgens eine Runde im kalten Wasser geschwommen bin, fühle ich mich wohl.“ Und reiten muss Mitic für seine aktuelle Rolle in Schwedt sowieso. Das hat er ein Leben lang beherrscht. (mz)


