DDR -Schriftsteller Der Rote Adel und die Kälte der Macht
Film über Thomas Brasch regt auch zur Debatte über seinen Funktionärsvater an

Halle/MZ - Im Februar wäre er 77 geworden, aber Thomas Brasch ist bereits vor 20 Jahren gestorben. Sein Prosaband „Vor den Vätern sterben die Söhne“ erschien 1977, da war der Autor schon im Westen. Und im Osten ging das Buch als Schmuggelware von Hand zu Hand. Der Titel hat sich im Übrigen auf tragische Weise bewahrheitet: Thomas' Bruder Klaus, ein sehr talentierter Schauspieler, starb früher als ihr gemeinsamer Vater, der jüdische Emigrant und spätere SED-Funktionär Horst Brasch. Thomas und auch Peter Brasch, ebenfalls Schriftsteller, haben den Alten überlebt - jeweils um zwölf Jahre.
Ein Familiendrama, das viel mit Politik und dem kalten Machtanspruch zu tun hat, den die DDR-Nomenklatura, der rote Adel, an sich selbst, seinen Angehörigen und dem Rest der Bevölkerung vollstreckte. Privilegien, Angst vor Absturz, Strafen für „Abweichler“ und Begnadigungen eingeschlossen. Horst Brasch hat seinen Sohn Thomas erst bei der Staatssicherheit angezeigt, dann aus dem Knast geholt.
Davon erzählt Thomas Kleinerts Film „Lieber Thomas“ auch. Dieser bis heute in ererbtem, gehütetem Wissen und gepflegten Verbindungen von den Familien und Freunden der alten Eliten kultivierte Grundkonflikt stalinistischer Herrschaftsverhältnisse wäre allerdings einmal schärferer Ansicht wert - falls sich denn jemand daran zu rühren traut.
In Kleinerts Film, der freilich nicht schlecht ist, kommt das Thema zwar vor, aber „Vati“, wie der alte Brasch angeredet werden wollte, hat zu wenig Kontur. Vor allem, weil Jörg Schüttauf dieser höchst widersprüchlichen Figur darstellerisch leider kaum gerecht wird.
Der Regisseur Andreas Kleinert und sein Autor Thomas Wendrich haben sich eigenem Bekunden zufolge stärker auf den ewig getriebenen, hoch begabten Künstler Thomas Brasch konzentriert. Zudem, so sagte es Kleinert jetzt im halleschen Puschkino, das den Film zeigt, werde jeder den Film entsprechend seiner eigenen Erfahrungen sehen.
Das ist richtig und gilt immer. Aber zu Thomas Braschs persönlicher Tragödie, die von unstillbarer Liebessehnsucht, Versagensängsten sowie Alkohol- und Drogenmissbrauch gekennzeichnet war, gehört eben unbedingt auch die Herkunft aus dem Genossen-Stall.
Albrecht Schuch als Thomas und Jella Haase als Katarina (erinnernd an die Schauspielerin Katharina Thalbach, Braschs langjährige Gefährtin) machen ihre Sache ausgezeichnet. Man kann den Film, aller Einwände zum Trotz, also unbedingt empfehlen.