Theater Eisleben Der dienstälteste Intendant in Sachsen-Anhalt - Ulrich Fischer leitet das Theater Eisleben seit 22 Jahren
Eisleben - Nein, eine Party habe es zu seinem Jubiläum nicht gegeben. „Ich bin von meinem Wesen her nicht so ein Feiertyp“, sagt Ulrich Fischer, der seit genau 30 Jahren am Theater Eisleben tätig ist und es seit 22 Jahren auch leitet. Sollen es noch einmal 30 Jahre werden? „Das sicher nicht, aber Goethe war gut 25 Jahre Intendant in Weimar, den will ich noch überrunden“, sagt der 1959 in Magdeburg geborene Theatermann, der in Leipzig studierte, 1986 als Dramaturg an das Theater Eisleben kam und 1994 Frank Hofmann als Intendant des Hauses ablöste.
Die Bilanz seiner über 20-jährigen Intendanz liest sich eindrucksvoll: Zu 8.580 Vorstellungen kamen 1,23 Millionen Besucher. In dieser Zeit waren 110 Schauspielerinnen und Schauspieler engagiert.
Wie fand der Absolvent der Leipziger Theaterhochschule „Hans Otto“ ausgerechnet an das damalige Thomas-Müntzer-Theater in Eisleben? Wenn es nach ihm gegangen wäre, sagt Fischer, wäre er gern Dramaturg am Schauspiel Karl-Marx-Stadt geworden, das zu DDR-Zeiten einen vorzüglichen Ruf genoss. Da die Sachsen keine Stelle frei hatten, standen für ihn unter anderem Quedlinburg, Senftenberg und Eisleben zur Wahl. Die Vorschläge kamen von der „Absolventen-Einsatz-Kommission“ der Leipziger Theaterhochschule.
Ein großer Fluss fehlt ihm
Ortsbesichtigungen ergaben: Quedlinburg hatte keine richtige Spielstätte, die ihn hätte locken können, und Senftenberg zwar ein stattliches Theater, war aber doch zu sehr Lausitz. „Stadt und Theater Eisleben aber gefielen mir“, erinnert sich Fischer. Hinzu kam, dass auch seine Leipziger Dozenten ihm das Thomas-Müntzer-Theater im damaligen Bezirk Halle als gute Adresse empfahlen.
Nach drei Jahrzehnten in der Lutherstadt, fühlt man sich da als Eisleber? „Wenn ich mich als etwas fühlen müsste, dann als Eisleber“, sagt Fischer. Der bekennt auch, durchaus sentimental zu werden, wenn er den Fluss sieht, der sich durch seine Geburtsstadt Magdeburg windet: „Meine Elbe!“ Ein großer Fluss fehlt ihm in Eisleben („Auch die Saale wäre okay!“), dennoch lebt er gern in der Stadt, die, wie Fischer betont, viel Charme hat, aber leider auch das Problem der meisten, nicht nur ostdeutschen Kleinstädte teilt: „Eisleben ist etwas unbelebt.“ Was sich im kommenden Jahr, zum 500. Reformationsjubiläum, zumindest zeitweise ändern könnte.
Nach 30 Jahren ist Fischer in Eisleben - wie seine Bühne - eine Institution. „Ich stehe am Eingang des Theaters wie der Pfarrer an der Kirchentür, um die Menschen zu begrüßen, die kommen, um eine unserer Vorstellungen anzusehen.“
Einsparungen und Wortungetüme
Vor allem in den letzten Jahren hat sich viel in Sachsen-Anhalts Theaterlandschaft geändert. Zuletzt 2013, als die Bühnen in Halle, Dessau und Eisleben durch das Land zu Einsparungen in Höhe von sieben Millionen Euro gezwungen wurden. Die Eisleber sollten zunächst keine Landesförderung erhalten, was das Aus der traditionsreichen Bühne bedeutet hätte.
Dann entschloss sich das Land, auch wegen der hartnäckigen Proteste von Mitarbeitern und Freunden des Theaters, es mit einer symbolischen Summe zu unterstützen: 400.000 Euro pro Jahr anstelle der zuvor überwiesenen 1,2 Millionen Euro. Dafür verlangte es aber die Umbenennung in „Kulturwerk Mansfeld-Südharz“, weil das Geld zwar aus dem Kultusministerium, aber nicht mehr aus dem Theaterfonds kam. Auch sollte sich das Eisleber Haus stärker auf die kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen konzentrieren, hieß es 2013.
Von Sachsen-Anhalts neuem Kulturminister Rainer Robra (CDU) hat Fischer nach zwei Begegnungen einen guten und auch besseren Eindruck als von dessen Vorgänger Stephan Dorgerloh (SPD). Ein erstes Treffen zwischen Robra und den Theaterintendanten des Landes fand bereits statt. Noch vor der Sommerpause hatte der Minister neben dem Theater Naumburg auch das in Eisleben besucht. „Er kam ganz allein, ohne Stab, das fand ich ganz angenehm“, so Fischer. Und: „Ich habe den Eindruck, dass Probleme mit Robra verlässlicher diskutiert werden können.“
Für den November hat der Minister zu einer weiteren Zusammenkunft nach Magdeburg eingeladen. Wird Fischer gegenüber dem Ministerium darauf drängen, wieder offiziell den Namen „Theater Eisleben“ tragen zu dürfen statt des Wortungetüms „Kulturwerk Mansfeld-Südharz“? „Das ist eine Frage, die in den Verhandlungen über den neuen Vertrag zwischen dem Land und dem Theater für die Zeit nach 2018 zu erörtern ist“, sagt Fischer und ergänzt: „Unsere Besucher kamen und kommen immer ins Theater. Keiner unserer Zuschauer hat je gesagt, er gehe ins Kulturwerk Mansfeld-Südharz.“
Kulturstaatssekretär Gunnar Schellenberger (CDU) hatte unlängst in einem Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung betont, das Theater Eisleben hätte sich den Namen selbst ausgesucht. „Das haben wir uns nicht ausgedacht“, so Fischer.
Für die Stadt und das Land
Das Theater Eisleben unterhält die Menschen in der Region nicht nur und fördert gemeinsam mit zahlreichen Partnern die kulturelle Bildung in Stadt und Land, sondern sorgt auch, wenngleich in bescheidenem Maße, dafür, den Lebenswert der Lutherstadt zu heben. So sind drei Ensemblemitglieder mit ihren Familien aus Erfurt, Leipzig und dem Allgäu nach Eisleben gezogen. Ein kleiner Erfolg für alle.
„Wir geben die Menschen auf, wenn wir die kleinen Theater aufgeben“, sagt Ulrich Fischer mit Blick auf die Stadt und Sachsen-Anhalt. Er jedenfalls will als Intendant weiter für sein Theater in Eisleben kämpfen: „Ich bilde mir nicht ein, unersetzbar zu sein. Aber ich will etwas bewirken.“
Noch einmal 30 Jahre werden es nicht werden. Dass Fischer als Intendant länger amtieren könnte als Goethe am Weimarer Theater, das hingegen dürfte als sicher gelten.
(mz)